"Check in " - in der Kirche?

Der Gast

Bei früheren Arbeitgebern hatte ich nur die Eingliederung in ein spezielles Arbeitsgebiet kennengelernt. Und nun "großer Bahnhof" - mein Auftritt in der evangelischen Gemeindekirche - am Mikro sollte ich mich als neue Mitarbeiterin vorstellen (äh - geschieden, drei Kinder, habe dies und das und jenes schon gemacht...) Dann: Blumenstrauß vom Pfarrer, mit der Rechtfertigung, dass er diesen nicht persönlich ausgesucht und gekauft hat.

 

Meine Frage: Was hat eigentlich diese Uraufführung von neuen Mitarbeitern in der vollen Kirche zu bedeuten? Konfrontationsphase oder Sozialisation in die Gemeinde? Oder was das eine Laien-Investitur? Letztendlich ist bei mir ein Realitätsschock eingetreten, nachdem ich bemerkt habe, dass ich als Mitarbeiterin und Christin bei den Kirchgängern nicht akzeptiert bin, obwohl ich kein schweres Parfüm getragen habe. Auf die Verabschiedung in der Kirche habe ich zu guter Letzt, dankend verzichtet. Was verspricht sich die evangelische Kirche von derartigen Premieren?

Lieber Gast,

 

Die evangelische Kirche kennt eine Vielzahl von Ämtern. Nach der Vorstellung unserer Kirche, ist jedes Engagement, das man für die Gemeinde, die Kirche aufbringt, ein Amt. Ob Sie nun hauptamtlich oder ehrenamtlich mitarbeiten, alles ist Amt. Selbst Pfarrerinnen und Pfarrer bekleiden lediglich ein Amt. Eine „Investitur“, also eine Einsetzung mit den entsprechenden Insignien des neuen Status, findet nicht statt. Wer auch immer mitmacht bei der Kirche, bekleidet ein Amt, das je nach Art der Aufgabe mit mehr oder weniger Verantwortung verbunden ist. Wenn man Ihnen also einen Empfang bereitet hat, der Sie ein wenig überwältigt hat, dann liegt das daran, dass man Ihnen einerseits ein besonders herzliche Willkommen sagen will, andererseits will man deutlich machen: „Diese Frau übernimmt Verantwortung für uns. Da wollen wir ihr einen guten Start bereiten und Gott bitten, dass er mithilft bei ihrem Tun.“

 

Dass solche Willkommens- (oder manchmal auch die Verabschiedungs-)Rituale ab und an ein wenig verunglücken können (ich beziehe mich auf Ihre Bemerkung zum Blumenstrauß) liegt daran, dass wir leider keine klare Liturgie für solche Anlässe haben, die überall praktiziert wird. Das würde auch den Pfarrkollegen helfen, sich in solchen Situationen etwas virtuoser zu bewegen.

 

Zu guter letzt noch eine Klarstellung: Laieninvestitur ist ein Begriff aus dem Investiturstreit von vor 1000 Jahren ausgefochten wurde. Es geht dabei nicht um die Investitur von Laien, sondern um die Einsetzung von Klerikern durch Laien. Hier gibt’s mehr: Wikipedia, Art. Investiturstreit.

 

Sehr herzlich!

Frank Muchlinsky