Narrensprung zu Gott?

Gästin

Unser Pfarrer die Predigt in Reimform zu einem Fastnachtsthema. Könnte man dazu "Themaverfehlung" sagen? Die Themaverfehlung ist ja wirklich ein heißes Eisen! Eines ist aber wohl sicher: Eine Todsünde - wie noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten - scheint sie nicht mehr zu sein. Frage: Welche Gründe hat dieser Wandel? Und: Ist es unerheblich, was die Bibel zu einem Thema denkt? Und: Darf der Pfarrer passend zu seinem Faschingsthema auch ein Narrenhäs tragen und einen Narrensprung vollziehen?

Liebe "Gästin",

 

dass in der Fastnachtszeit in Reimform gepredigt wird, ist in manchen Regionen inzwischen schon recht üblich. Ob es sich dabei um eine „Themaverfehlung“ handelt, kann ich so pauschal nicht sagen, da die Reimform ja zunächst erst einmal nur eine bestimmte Form ist, und nichts über den Inhalt sagt, der da gepredigt wird.

 

Anliegen der evangelischen Predigt war es immer und ist es weiterhin, das Evangelium für den jetzigen Zeitpunkt an einem bestimmten Ort verständlich zu machen. Eine bestimmte Form dabei zu bevorzugen, war nie eine Todsünde – es war eben nur vielleicht nicht angemessen. Die Theorie des Predigens entwickelt sich insofern mit dem, was wir über das Hörverhalten von Menschen, über ihre Lebensstile und Lebensbedingungen und – umstände wissen, immer weiter.

 

Die Bibel selbst steht dem Reimen sehr offen gegenüber. In den Psalmen, den Sprichwörtern, gelegentlich auch in Worten im Neuen Testament reimen sich die hebräischen und griechischen Worte. Das war vor allem in der Zeit, in der die biblischen Texte entstanden und zunächst rezipiert wurden, deshalb besonders wichtig, weil die meisten Texte ja mündlich überliefert wurden und die Reimform es erleichterte, sich die Texte zu merken. Das Bild eines Narren verwendet übrigens auch Paulus für die Paradoxien, in die ihn die Aufgabe, das Evangelium von Gottes Gnade angemessen zu verkündigen, treibt – lesen Sie doch mal hier nach.

 

Ob es eine Pfarrperson für angemessen hält, sich zu einer Faschingspredigt zu kostümieren oder in dieser Zeit an einem Umzug teilzunehmen, mag jede/r für sich entscheiden, hat aber mit der Predigt selbst nichts zu tun. Ob diese das Thema trifft, liegt an ihrem Inhalt und seiner Verständlichkeit, nicht an der Form.

 

Wenn Ihnen selbst die gereimte Predigt nicht zusagt, haben Sie gewiss Gelegenheit, an diesem einen Sonntag im Jahr einen Gottesdienst in einer Kirche zu besuchen, in dem prosaisch gepredigt wird.

 

Hilfreiche Höreindrücke wünscht Ihnen

Ihre F. Erichsen-Wendt, Pfrin.