Merkwürdiger Vorfall beim Abendmahl

Rolf-Peter Lezius
Foto: Getty Images/iStockphoto/AbelBrata

In Sizilien bin ich (geschieden und wiederverheiratet) als Gast in die evangelische Kirche eingetreten, da mir die katholische Kirche als Geschiedenem die Kommunion verweigert hat (heute nicht mehr). Dass das Abendmahl für mich so wichtig war, wusste der Pastor seit kurzer Zeit. Nun hat er mich auf die Schippe genommen und vor der gesamten evangelischen Gemeinde in der Kirche hat er mir gebeten, ihm die Kommunion zu erteilen. Was ich auch tat. Er kniete vor mich mit theatralischem Getue und sperrte seinen Mund auf. Danach nahm er mich in die Arme und tanzte in der Kirche, so dass Wein aus dem Kelch, den ich in die Hand hielt, herausspritzte auf dem Boden. Als Katholik war ich eher bestürzt über diesen Vorfall. Bei allem Respekt vor der evangelischen Kirche finde ich diesen Vorfall ganz anders als ökumenisch. Ich werde die evangelische Gemeinde in Zukunft im Kulturzentrum besuchen und weniger in der Kirche, denn ich denke, das so ein Vorfall nur eine Ausnahme sein kann. Was denken sie?

Lieber Herr Lezius,

vielen Dank für Ihr Schreiben! Was Sie dort beschreiben, hat mich ausgesprochen erstaunt. Ich habe keine Ahnung, was in dem Kollegen vor sich ging, dass er Sie in eine so unangenehme Lage brachte. Vielleicht war es einfach seine große Freude darüber, dass Sie zu seiner Gemeinde gehören. Doch spielt der Grund auch keine große Rolle. Meiner Meinung nach hat der Kollege in seinem Überschwang falsch gehandelt. Es ist die eine Sache, dass er Sie hat die Kommunion austeilen lassen. Das ist durchaus üblich. Dass er sich dabei übertrieben theatralisch (so habe ich Sie verstanden) vor Sie hingekniet hat, halte ich bereits für bedenklich. Schließlich geht es um eine große Sache beim Abendmahl, und man sollte alles vermeiden, das die Kommunion irgendwie lächerlich macht.

Dass er dann noch mit Ihnen tanzt, finde ich merkwürdig. Und dass er nicht einmal auf den Kelch achtet, ist schließlich meiner Ansicht nach vollkommen falsch. Jeder Pastor gelobt bei seiner Ordination, dass er die "Sakramente recht verwalten" wird. Ich denke, Ihr Pastor hat hier – anscheinend im Überschwang – das Sakrament des Abendmahls nicht "recht verwaltet". Ich kann Ihre Bestürzung also durchaus nachvollziehen und möchte Ihnen versichern, dass es sich hierbei – wie Sie ja auch vermuten – um eine Ausnahme gehandelt hat.

Ich schlage Ihnen vor, dass Sie den Pastor noch einmal auf diese Begebenheit ansprechen, denn er sollte durchaus wissen, dass er Sie mit seinem Verhalten in große Verlegenheit gebracht hat. Vielleicht kann er auf diese Weise beim nächsten Mal vorsichtig sein.

Ich grüße Sie herzlich und wünsche Ihnen einen guten Tag!

Frank Muchlinsky

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