Die Wohnung schön machen

Marlies N.

Sehr geehrte Frau Bauer-Banzhaf,


ich lebe mit meinem Freund seit vier Jahren zusammen. Wir haben immer wieder
dasselbe Problem. Ich habe das Gefühl, dass ich ganz alleine dafür
zuständig bin, dass die Wohnung einigermaßen aussieht. Mein Freund ist
nicht wirklich unordentlich, aber er hat einfach keinen Blick dafür, unsere
Wohnung auch mal ein Bisschen hübsch zu machen. Wenn er wenigstens mal
Blumen mitbringen würde. Dann wäre ich ja schon glücklich. Wie kann ich
ihn dazu bringen, dass er sich mal dafür interessiert, wie es bei uns
aussieht?


Mit freundlichen Grüßen
Marlies

Liebe Marlies,

 

viele Frauen werden bekräftigend nicken werden beim Lesen Ihrer Frage. Auch in Seminaren kommt diese Situation immer wieder auf den Tisch, sie ist aktuell und Sie stehen in guter Gesellschaft damit.

Die Frauen fühlen sich zuständig für den Haushalt, die anderen "Mitbewohner" (Freunde, Ehemänner, Kinder) nicht. Platt gesagt: Sie sitzen in der typischen Rolle der Hausfrau fest- und ärgern sich.

Auf den ersten Blick liegt auf der Hand: es gibt einen Unterschied in den Bedürfnissen nach Ordnung, Struktur, Sauberkeit. Das ist schwierig in der Klärung, denn wenn jemand Unordnung für sich als ok empfindet, wird er diesbezüglich immer eine andere Wahrnehmung haben als der Ordnungsliebende.

 

Als nächstes fragen Sie sich einmal selber: welche weiteren Bedürfnisse sind ebenfalls nicht erfüllt? Ist es das Bedürfnis nach Rücksicht, nach Aufmerksamkeit, nach Anerkennung, nach Wertschätzung? Wünschen Sie sich mehr tatkräftige Hilfe und Unterstützung von Ihrem Freund? Brauchen Sie mehr Ruhe in Ihrer Freizeit? Das verstehe ich gut. Er sicher auch.

Der dritte Punkt ist: wie oft klagen Sie ihm Ihr  Leid? So oft, dass er schon auf Durchzug geschaltet hat? Mit häufigen Vorwürfen erreichen wir oft das Gegenteil von dem, was wir uns wünschen. Das Miteinander wird dann zum Kräfte raubenden Tauziehen um alle möglichen Kleinigkeiten. Schade um die Lebenszeit, die damit verschwendet wird.

Kommen wir  zu einer möglichen Lösung: Gehen Sie mit Ihrem Freund spazieren oder in ein Cafe. Sprechen Sie mit ruhiger Stimme über die Situation, und warum Sie ein Gespräch darüber für wichtig halten. Also nicht: Jetzt will ich mit dir endlich mal die Ordnungsfrage klären ...sondern: Ich möchte mit dir in Ruhe über einige Punkte unseres Zusammenleben sprechen, die mir wirklich wichtig sind und ich danke dir im Voraus, dass du mir zuhörst und mit mir zusammen nach Lösungen suchst.

 

Dann geht es weiter, ohne Vorwürfe, sonst gehen seine Ohren gleich wieder zu. Also nicht: Immer lässt du alles liegen...sondern zum Beispiel: In unserer Wohnung liegen Dinge auf dem Boden, im Wohnzimmer, in der Küche, die woanders ihren Platz haben. Oder: Die Mülltüten und Flaschen versperren uns den Platz, den wir  viel besser nutzen können. Ich möchte unseren Aufwand im Haushalt in Zukunft so gering wie möglich halten. Schließlich will ich mir dir viel lieber ... anstatt zu putzen und zu nörgeln. (Statt der Pünktchen setzen Sie ein, was Sie beide gerne gemeinsam tun).

Als nächstes sagen Sie ihm, was Sie brauchen und sich von ihm wünschen. Sprechen Sie über Ihre Bedürfnisse: Damit ich friedlich und fröhlich mit dir leben kann, brauche ich/ wünsche mir von dir...

Zu guter Letzt fragen Sie ihn, was er sich vorstellt, was er von Ihnen braucht. Lassen Sie ihm Zeit. Schlagen Sie nicht gleich wieder Lösungen vor, die er dann abnicken soll. Das funktioniert nicht. Er soll sich ja freiwillig und in seinem eigenen Tempo dafür entscheiden können, Ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen.

Fotos könnten helfen, den Unterschied zwischen "gut- geht noch- geht nicht mehr" deutlich zu machen, der Ihnen wichtig ist. Fotografieren Sie doch mal die verschiedenen Zustände der Wohnung und zeigen Sie Ihrem Freund die Bilder. Vielleicht ist ihm gar nicht bewusst, was genau wirklich anders ist und er deswegen kann er auch nicht nachvollziehen, warum Sie sich ärgern. Legen Sie beide einen Mindeststandart fest, bei dem Sie sich beide gerade noch wohl fühlen- und bleiben Sie dabei bitte tolerant. Es muss nicht immer alles wie aus dem Ei gepellt sein. Eine saubere Wohnung ist sicher schön, eine belebte aber noch schöner- und meistens auch gemütlicher.

Je nach Platz macht es vielleicht auch Sinn, zwei eigene Räume zu haben, wenn die Diskussionen die Partnerschaft ernsthaft gefährden. Es muss nicht immer die klassische Wohnzimmer- Schlafzimmer- Küche Aufteilung sein. So hat jeder seinen Freiraum. Und die Küche... siehe oben.

 

Liebe Marlies, ich wünsche Ihnen beiden gutes Gelingen und einen liebevollen Ton in den Klärungsgesprächen.

Herzlich

Ihre Heike Bauer Banzhaf

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