Flüchtlingsaufnahme in Palästina

Dr. Friedrich Kuntz

Sehr geehrter Herr Lilie,
am 7.9.2o15 hat die FAZ gemeldet, daß Präsident Abbas angeboten hat, 500.000 Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen, außerdem,daß Netanjahu dieses Angebot abgelehnt, die israelische Opposition es aber begrüßt hat. Es war danach nirgends etwas zu lesen, daß Berlin oder Hannover sich dazu geäußert hätten. Warum behandeln Staat und Kirche/Diakonie einen Palästinenser wie einen Aussätzigen, dem man nicht zu antworten braucht? Von den 5oo.ooo hätte keiner übers Meer fliehen müssen, keiner wäre in die fremde europäische Welt gekommen (eine Erleichterung für uns) und keiner bräuchte mehr die schlimmen Verhältnisse in den Lagern des Nahen Ostens zu erleiden. Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

Sehr geehrter Herr Dr. Kuntz,

 

vor wenigen Wochen bin ich in Israel gewesen und musste vor Ort erneut die verhärteten Fronten zwischen Präsident Abbas und Ministerpräsident Netanjahu zur Kenntnis nehmen. Das ist eine sehr schwierige Situation, die für die palästinensische Bevölkerung mit vielen Nachteilen und auch für die israelische Bevölkerung mit  Sicherheitsrisiken und politischen Nachteilen verbunden ist. Ich habe die Situation als sehr aufgeladen empfunden, gemäßigte und nachdenkliche Stimmen haben es sehr schwer. In dieser spannungsgeladenen und immer wieder gefährlichen politischen Lage 500.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen, ist aus meiner Sicht keine gute und tragfähige Idee. Ich bin auch nicht sicher, ob syrische Menschen das für eine gute Idee halten. Der Verdacht, dass solche Angebote eher dem Kampf um die politische Deutungshoheit als um die betroffenen Menschen gelten, liegt vor diesem Hintergrund einfach zu nahe.

 

Herzliche Grüße!

Ihr

Ulrich Lilie

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