Wie ist der Islam aus christlicher Sicht einzuordnen?

Lothar Thomma
Koran in einer Moschee
© epd-bild / Rolf Zöllner

Wie ist aus christlicher Sicht der Islam einzuordnen? Der Islam ist so ausgelegt, dass er das gesamte Leben der Menschen regelt, Vorschriften erteilt, die Kultur bestimmt wie auch die Rechtsprechung. Die Frauen gelten, so laut Koran, als weniger wert bezüglich Aussagen vor Gericht. Es wird auch stark unterschieden zwischen Moslems und Juden (Leute des Buches) und Christen.
Ist der Islam eine Religion oder eine Ideologie ?
Der Islam spricht Jesus Christus die Gottessohnschaft ab.

Lieber Herr Thomma,

im Islam und auch im Judentum spielen religiöse Gesetze eine große Rolle im Alltag. 

Diese religösen Gesetze im Judentum sind zum Beispiel die Speisegesetze oder Regeln für das Zusammenleben. Auch In der Bibel, besonders im Alten Testament, gibt es solche relgiösen Gesetze. Hierzu gehören zum Beispiel klare Speisevorschriften, die Zehn Gebote, Umgang mit dem Ackerboden, Ersatzleistung für Körperverletzungen, Bekleidungsregeln und die Regel, dass Männer ihren Bart und ihre Haare nicht schneiden dürfen. Im Neuen Testament findet sich die goldene Regel, die besagt, dass man mit anderen Menschen so umgehen soll, wie man es auch bei sich selbst möchte ("Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten", Matthäuevangelium 7,12). Manche dieser Gesetze und Regeln finden sich heute noch im Alltag. Die Sonntagsruhe, das Verbote zu Töten, die Zahlung von Schadenersatz, das Konzept der Menschenwürde auf der unser Grundgesetzt fußt und dessen Ziel genaus diese ist, u.a. sind Teil unserer gesellschaftlichen Werte. Um genau solche Werte im Gegensatz zur damaligen Gesellschaft ging es.

Im Islam ist die Quelle des Glaubens der Koran. Dieser kennt auch Aussagen über das Zusammenleben. Hierzu gehört zum Beispiel Sure 9,71: "Die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einer des anderen Unterstützer, sie sollen sich für das Gute einsetzen und das Böse verhindern." "Männer und Frauen sind vor Gott beide gleich und deshalb auch gleichberechtigt.[...] Doch weil Mann und Frau sich körperlich unterscheiden und deshalb verschiedene Stärken und Schwächen haben, hat Gott ihnen laut Koran unterschiedliche Aufgaben zugeteilt." (vgl.https://www.planet-wissen.de/kultur/religion/islam/pwiedierollederfrauimislam100.html)

Die traditonellen Geschlechterrollen sind: der Mann ist er Versorger, die Frau ist für die häusichen Pflichten zuständig. Der Mann hat allerdings nicht das Recht, seine Frau wie eine Sklavin zu behandeln. Außerdem ist er verantwortlich für Frau und Kinder, hat für deren Wohlergehen in jeder Hinsicht zu sorgen. 

Im Koran gibt es auch Aussagen zu Zeugenaussagen.Ihr Hinweis auf den Wert der Aussage einer Frau Gericht bezieht sich auf die Sure 2,282."Und ruft zwei unter euren Männern zu Zeugen auf; und wenn zwei Männer nicht (verfügbar) sind, dann einen Mann und zwei Frauen, die euch als Zeugen passend erscheinen, so dass, wenn eine der beiden irren oder vergessen sollte, die andere ihrem Gedächtnis zu Hilfe kommen kann." Diese Sure hat folgenden Hintergrund: Frauen wurde zur Zeit der Entstehung dieser Sure häufig eingeschüchtert. Gerade, wenn sie sich Geld geliehen hatten. Es ist also eine Sure, die sich auf das Bank- /Finanzwesen bezieht. Diese Sure war eine Verbesserung der Rechte von Frauen. Sollte die Kreditnehmerin eingeschüchtert werden, sollte eine weitere Frau (Zeugin) sie unterstützen um Schaden von ihr abzwenden. Vor 1400 Jahren gab es weder eine Schufa-Auskunft noch Banken- oder Frauenrechte. Diese Stelle ist also nicht als Einschränkung der Rechte von Frauen zu lesen, sondern als Erleicheterung für Frauen, die damals meistens nicht lesen und schreiben und damit auch die Schuldscheine nicht lesen konnten. Außerdem war es damals durchaus möglich, dass Schuldscheine gefälscht wurden. Für die Frauen, die damals oft nicht lesen oder schreiben konnten, konnte es zu Situationnen kommen, in denen ihnen Männer Schulden unterschoben. Eine weitere Frau als Zeugin konnte dafür Sorge tragen, dass die Frau (angebliche Kreditnehmerin) sich traute auszusagen um so zu ihrem Recht zu kommen bzw. sie von einem etwaigen Vorwurf freizusprechen..

Insgesamt muss allerdings unterschieden werden zwischen dem Koran als solchem und der Scharia, die u.a. den Koran als Grundlage hat. Vieles, was in islamisch geprägten Ländern geschieht ist mit dem Koran und dem Islam an sich nicht vereinbar. Es muss also unterschieden werden zwischen dem Koran und der einer Tradition, die Frau unterdrückt oder missbraucht. Eine solche Tradition kann auch in einem Staat Kultur und öffentliches Leben bzw die Staatsform bestimmen. Es sind aber immer Menschen, die dies entscheiden. Damit bestimmt nicht der Islam alles, sondern Menschen haben entschieden, dass die aus dem Koran gewachsene Tradition das Leben bestimmen soll.

Was das Verhältnis zwischen Juden und Christen anbelangt so beruft sich der Islam in seiner Herkunft auf Abraham. Damit zählt er zusammen mit dem Judentum und dem Christentum zu den abrahamitischen Religionen.Sie berufen sich auf Offenbarungen von Propheten (im Islam: Mohammed). Es ist richtig, dass nach dem Verständnis des Islam Jesus Christus ein Prophet aber nicht der Sohn Gottes ist.Dies liegt daran, dass Gott, nach dem Verstädnis des Islam nicht leiden kann. Es besteht im interelligiösen Dialog allerdings das Verständnis, dass alle drei Religionen an den einen Gott glauben, die Relgionen Gott nur unterschiedlich oder auf ihre Weise verstehen. Da es jedoch weder das Christentum, noch das Judentum gibt, gibt es auch hier konträre bis ablehnende Meinungen.

Die im Koran teilweise zu lesende Ablehnung von Christen hat zum Grund, dass Mohammed davon ausging, dass jüdische und christliche Relgionsgemeinschaften seine Prophetie anerkennen. Ursprünglich forderte er dazu auf, gute Beziehungen zu ihnen zu pflegen, da er deren Tugenden wertschätzte. Als seine Prophetie nicht anerkannt wurde, begann sich Mohammends Haltung gegenüber den Buchreligionen (Juden und Christen) ins Negative zu verändern. Dies hat auch ihre Spuren im Koran hinterlassen. Mohammed sah sie nicht mehr als Verbündete an.

Koran und Bibel sind Glaubenszeugnisse von dem Miteinander zwischen Gott und Mensch. Zwischen den Zeilen sind auch immer die Geschichte und die Veränderungen im Glauben bzw. Gottesbild ablesbar. Moslem, Jüd*innenen und Christ*innen sind Gesprächspartner*innen. Der Islam ist eine Religon und keine Ideologie. Es kommt allerdings immer auf die Menschen an. Eine Religon kann auch immer missbraucht werden.

Es grüßt Sie,

Michaela Jecht

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