Wann werden Sünden nicht vergeben?

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Wann werden einem die Sünden behalten? Es muss ja Situationen geben, in denen sie nicht vergeben werden, wenn Jesus das Recht austeilt, die Sünden auch zu behalten?

Liebe "t",

Sie beziehen sich bestimmt auf die Stelle im Johannesevangelium, in der Jesus zu seinen Jüngern sagt: "Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten." (Joh 20,23). Jesus erscheint nach seiner Auferstehung den Jüngern und schenkt ihnen den Heiligen Geist. Dann sagt er diesen Satz, den Sie zitieren.

Sie fragen nun nach Situationen, in denen Sünden nicht vergeben werden müssen, sondern "behalten" werden dürfen. Zunächst einmal haben Sie natürlich Recht, wenn Sie hier eine Logik vermuten: Wenn es die Möglichkeit gibt, dass ich eine Sünde nicht vergebe, dann muss es auch Situationen geben, in denen ich das tun soll. Allerdings schließt Jesus selbst diese Möglichkeit auch wieder aus. Immer wieder macht er deutlich, dass diejenigen, die ihm nachfolgen, selbst ihren Widersachern und Feinden vergeben sollen. Das gipfelt in dem Satz des Vaterunsers "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."

Jesus kann also einerseits seinen Jüngerinnen und Jüngern die Fähigkeit dazu geben, wie Gott selbst Schuld zu vergeben oder auch nicht, doch ist der Auftrag an sie ist auch klar: vergebt einander, egal was kommt – eben auch wie Gott selbst das tut.

Die andere Seite ist, dass Jesus in dem Satz, auf den Sie sich beziehen, uns auch die Erlaubnis erteilt, zumindest nicht sofort vergeben zu müssen. Ich mag darum die Formulierung, die Luther benutzt: "Die Sünden behalten." So lange wir etwas behalten, ist es noch da, es ist eben nicht aus der Welt. Und es kann durchaus Situationen geben, in der Sünden eben nicht einfach aus der Welt geschafft werden können. Dann behalten wir sie. Sie bleiben als Belastung da. Vielleicht bis sie schließlich doch vergeben werden können.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky