Warum muss ich mich als Christ selbst verleugnen?

Lennart

Hallo,
ich hätte mal die Frage, was genau gemeint ist mit Selbstverleugnung?
Was genau bedeutet das heute für unser Leben und darf man nun garnicht mehr seinen eigenen Interessen nachgehen oder Dinge tun die einem Spaß machen?
Bei mir ist nämlich häufig das Problem, dass wenn ich sowas beispielsweise lese wie Selbstverleugnung usw., dass ich mich dann sehr eingezwängt und unterdrückt fühle und es mir auch teilweise die Glaubensfreude nimmt.

Vielleicht haben sie ja einen Tipp wie ich damit umgehen kann.

Vielen Dank im Voraus.

LG Lennart

Lieber Lennart, 

herzlichen Dank für Deine Frage. Ich nehme an, Du spielst dabei z.B. auf den bekannten Satz des Markusevangeliums an, den Luther folgendermaßen übersetzt: "Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." (Mk 8, 34) Jesus sagt ihn zu einer Menschenmenge und beschreibt den Hörerinnen und Hörern wie radikal und umfassend Nachfolge zu verstehen ist. 

In Deinen Zeilen beschreibst Du, dass ein Ausdruck wie Selbstverleugnung für dich einen sehr negativen Klang hat und Du Dir dadurch eingezwängt vorkommst und dir sogar die Lust am Glaubensleben vergehe. Mir selbst geht es auch so, dass mir bei diesem Wort etwas mulmig wird. Selbstaufgabe klingt ja auch wenig erstrebenswert. Häufig sind ja z. B. toxische Liebesbeziehungen so, dass ein Mensch sich für den anderen gänzlich aufgibt und nicht mehr die eigenen Interessen verfolgt. Selbstverleugnung hat diesen Beiklang, dass eigene Bedürfnisse verdrängt werden. 

Trotz dieser Ambivalenz hat diese Formulierung im 8. Kapitel des Markusevangeliums für mich auch etwas unendlich starkes. Diese Unbedingtheit, die sich darin ausspricht, beeindruckt mich. Man kann eben Jesus nicht nur ein bisschen oder so halb folgen. Wenn man nachfolgt, umspannt diese Beziehung zu Jesus das ganze Leben, mein ganzes Selbst. Der Glaube betrifft mich als ganzen Menschen.

Diese Unbedingtheit hat für mich auch etwas anziehendes. Denn sie hat letztlich vor allem mit Vertrauen zu tun. Für mich gehört zu diesem Vertrauen die Gewissheit, dass es keine eigenen Interessen mehr gibt, die ich jenseits meiner Gottesbeziehung verfolgen müsste, sondern dass Gott mich so in und auswendig kennt, dass er um all das weiß. Nachfolge Jesu würde dann bedeuten sich selbst aus dem Blick zu verlieren und das eigene Leben Jesus ganz und gar anzuvertrauen in der Gewissheit, dass Jesus mich nicht aus dem Blick verliert. 

Wie gesagt, trotz der Tatsache, dass ich mit dieser Radikalität dieses Wortes der Nachfolge auch etwas anfangen kann, ist es für mich auch nicht ganz einfach. Vielleicht konnte ich Dir einen anderen Blickwinkel auf diesen Ausdruck vermitteln, der dir nochmal eine neue Perspektive vermittelt. 

Ich wünsche Dir weiterhin Gottes Segen und dass Du weiterhin so aufmerksam bist für das, was die Worte der Bibel in dir an Zustimmung und Ablehnung erzeugen. 

Deine Katharina

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