Warum ist der Ruhetag am Sonntag?

Kendra
Sonntagsgottesdienst mit Familie unter Corona Hygienebedingungen
©Getty Images/middelveld

Liebe Frau Klee,

Ich habe eine Frage zu dem Gebot, den Feiertag zu heiligen. Eigentlich ist ja der Sabbat der Samstag und ich habe gelesen, dass die Kirche im Laufe der Jahrhunderte diesen im Christentum einfach auf den Sonntag verlegt hat. Nun frage ich mich, ob die Kirche denn so etwas einfach verschieben kann? Ist nicht immer noch der Samstag der geheiligte Tag, an dem die Arbeit ruhen soll?
Konkret für meinen Alltag stellt sich auch die Frage, an welchem Tag des Wochenende ich wirklich ruhen sollte und an welchem Arbeiten (sei es Beruf, Haushalt oder Studium) gestattet ist?

Unabhängig davon wann der Sabbat genau ist, was genau ist erlaubt und verboten? Ist Sport erlaubt? Und darf ich TV schauen etc. (ich habe gelesen im Judentum darf Technik am Sabbat nicht bedient werden)?

Schon einmal vielen Dank für Ihre Antwort!

Mit besten Grüßen

Liebe Kendra,

herzlichen Dank für Ihre Frage!

Da berühren Sie ja einige interessante Themen. Vorweg sei gesagt, dass das Christentum zwar aus dem Judentum hervorging, aber die jüdischen Gebote so nicht für uns gelten. Jesus Christus hat - so Paulus - das Gesetz überwunden (Röm 10,4). Das war natürlich anfangs kein leichter Weg, denn zu den ersten Christ*innen gehörten sowohl Menschen jüdischen als auch paganen Glaubens. So entstanden gerade zu Beginn viele Konflikte zum Umang mit den jüdischen Geboten. Dazu zählte auch, an welchem Tag Ruhe gehalten und Gottesdienst gefeiert werden soll. 

Recht schnell schon feierten nämlich die ersten Christinnen und Christen ihren Sabbat am Sonntag, also dem ersten Tag der Woche nach jüdischer Zeitrechnung. Und zwar deswegen, weil Jesus am Sonntag auferstanden ist. So setzte sich der Sonntag als christlicher Feiertag mehr und mehr durch. Mit der Einsetzung des Christentums des Staatsreligion wurde der Sonntag im Jahr 321 durch Kaiser Konstantin zum offiziellen Ruhetag erklärt. Dabei stand aber vor allem die Feier des Gottesdienstes im Vordergrund.

Ähnlich sah es Martin Luther in der Reformationszeit. So schreibt er im kleinen Katechismus zum Sonntag: "Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir die Predigt und sein Wort nicht verachten, sondern es heilig halten, gerne hören und lernen." Ihm war dabei aber die Freiheit wichtig, niemand wurde zum Gottesdienst und zum Einhalten der Ruhe gezwungen - vielmehr sollte der ganze Alltag Gottesdienst sein, jeder Tag eine Erinnerung an die Auferstehung Christi. Schließlich geht es nicht darum, dass wir Gesetze und Gebote nur aus der Pflicht heraus halten. Gott liebt uns allein aus Gnade.

Erst mit der industriellen Revolution und der Sozialgesetzgebung wurde der Sonntag als Ruhetag bedeutsamer. Verboten ist die Sonntagsarbeit in Deutschland seit 1891. 1976 wurde beschlossen, dass der Montag der erste Tag der Woche ist. Im 19. Jahrundert gründeten sich auch die 7-Tage-Adventisten. Sie sind die einzige christliche Gruppierung, die denn Sabbat tatsächlich am Samstag halten.

In den letzten Jahren ist der Schutz des Sonntags vermehrt in das Bewusstsein gerückt. Mit verkaufsoffenen Sonntagen, zunehmender Arbeitsverdichtung und Freizeitstress macht sich die evangelische Kirche wieder für den Sonntag als Ruhetag stark. Argumente dafür finden sich auf der Homepage zur Sonntagsruhe.

An der Debatte um die Sonntagsruhe in den letzten Jahrhunderten wird vielleicht schon eins deutlich: Es gibt für Christinnen und Christen keine Vorschriften, was erlaubt und verboten ist. Der Tag soll vor allem dem Gottesdienstbesuch, dem Bibelstudium und dem Gebet dienen. Und es ist sicherlich auch heilsam für die Seele, einmal in der Woche auf Arbeit, Studium oder Haushalt zu verzichten. Vielleicht eignet sich der Tag stattdessen, um Zeit mit den Liebsten zu verbringen - und z.B. gemeinsam mit ihnen einen Gottesdienst zu besuchen.

Wenn Sie interessiert, welche Regeln für das Judentum gelten, verweise ich auf eine jüdische Seite: Dort ist verzeichnet, dass es 39 Prinzipien für den Sabbat gibt, für den aber nur vier in der Tora vermerkt sind. Orthodoxe Juden leiten daraus aber z.B. auch den Verzicht auf Technik ab.

Beste Grüße,

Johanna Klee

 

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