Lieber Herr Pfarrer Muchlinsky,
ich hoffe, das ist jetzt keine allzu dumme Frage, aber sie beschäftigt mich schon länger:
In evangelischen Kirchen gibt es ja keinen Tabernakel. Was macht man bei euch mit den gewandelten Hostien, die übrig bleiben?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Freundliche Grüße,
Jenny
Liebe Jenny,
das ist keineswegs eine dumme Frage. Die Antwort darauf ist auch gar nicht so einfach, wie man vielleicht denkt. Du weißt es, aber ich erkläre es hier noch einmal für diejenigen, die nicht wissen, was ein Tabernakel ist: In der römisch-katholischen Kirche werden die Hostien, also die Oblaten, die bei der Eucharistie, also beim Abendmahl, nicht gegessen wurden, anschließend in das sogenannte Tabernakel gelegt. Man wirft sie keinesfalls fort, denn in der Handlung wurden sie gewandelt, das heißt, sie sind nun nicht mehr einfache Oblaten, sondern Leib Christi. Im Tabernakel bleiben sie, bis sie wieder gebraucht werden. In evangelischen Kirchen gibt es einen solchen Ort wie das Tabernakel nicht, darum ist Ihre Frage ausgesprochen berechtigt.
Die evangelischen Kirchen verfahren recht unterschiedlich mit dem, was beim gemeinsamen Abendmahl nicht gegessen und getrunken wird. Eine verbindliche Regel für alle gibt es nicht. Das liegt auch daran, dass im evangelischen Abendmahlsverständnis die Handlung selbst das Sakrament macht. Nach dem Abendmahl sind Brot und Wein zwar noch mit Respekt zu behandeln, doch was genau das bedeutet, entscheiden letztlich die Pfarrerinnen und Pfarrer selbst. Das bedeutet bei einigen, dass sie die übriggebliebenen Reste entweder selbst oder mit anderen austrinken und aufessen. Die Reste des Weins werden häufig auch in die Erde gegossen, weil die Erde ebenfalls das Blut Christi aufgenommen hat.
Wenn tatsächlich Hostien, also Oblaten zum Abendmahl genutzt werden und nicht Brot, dann werden die übriggebliebenen in der Regel in der Sakristei bis zum nächsten Abendmahl verwahrt. Brot wird eher den Gemeindegliedern mitgegeben. Wichtig ist, wie gesagt, ein respektvoller Umgang mit den Elementen. Das heißt, es wird vor allem vermieden, etwas wegzuwerfen.
Herzliche Grüße!
Frank Muchlinsky
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