Lieber Herr Muchlinsky,
meine Mutter ist schwer erkrankt, deshalb ist der Tod aktuell für mich ein großes Thema. Müsste man als gläubiger Christ dem Tod nicht angstfrei gegenüberstehen?
Herzlichen Dank, Michaela
Liebe Michaela,
zunächst einmal: Es tut mir herzlich Leid, dass Ihre Mutter krank ist – und auch noch schwer! Hoffentlich bekommt sie all die Hilfe und Linderung, die möglich ist. Und Ihnen wünsche ich, dass Sie mit dieser emotionalen Belastung gut fertig werden können und Menschen haben, die Sie gut unterstützen!
Sie fragen, ob „man als gläubiger Christ dem Tod nicht angstfrei gegenüberstehen“ müsste. In der Überschrift formulieren Sie es so: „Dürfen Christen sich vor dem Tod fürchten?“ Da sage ich aus voller Überzeugung: Natürlich dürfen wir uns fürchten! Selbstverständlich dürfen wir Angst empfinden! Zweifel und Angst gehören zu unserem Leben und zu unserem Menschsein einfach dazu. Und der Gott, an den wir Christinnen und Christen glauben hat für diese Zweifel und für diese Angst allergrößtes Verständnis, denn er ist selbst Mensche geworden. Am Abend seiner Verhaftung, als Jesus wusste, dass er bald sterben würde, zog er sich zurück um zu beten. Er nahem Petrus, Jakobus und Johannes mit sich, und es heißt: „er begann zu zittern und zu zagen“ (Markus 14,33). Jesus betete in Todesangst zu seinem himmlischen Vater, er möge ihm dieses Ende doch ersparen, wenn es irgend möglich wäre.
Wir Christinnen und Christen glauben daran, dass Gott Jesus vom Tod auferweckte. Wir glauben, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und dass auch wir auf eine Auferstehung hoffen dürfen. Aber das ist der entscheidende Punkt: Wir dürfen hoffen, wir müssen es nicht. Wenn die Zeit dunkel ist und wir betrübt sind, schwindet unsere Hoffnung sehrt schnell, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Gott, der das selbst in Jesus Christus erlebte, uns das übelnehmen sollte. Wir dürfen also Angst vor dem Tod haben und dürfen gleichzeitig hoffen, dass mit dem Tod nicht alles endet. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Mutter, dass Sie Momente haben, in denen Sie diese Hoffnung spüren können. Und ich wünsche Ihnen, dass Sie sich keinen Druck machen, diese Hoffnung fühlen zu müssen.
Mit herzlichen Grüßen
Frank Muchlinsky
Markus 14,32-42: Jesus in Gethsemane
Und sie kamen zu einem Garten mit Namen Gethsemane. Und er sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hierher, bis ich gebetet habe. Und er nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes und fing an zu zittern und zu zagen und sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet!Und er ging ein wenig weiter, warf sich auf die Erde und betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge, und sprach: Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst! Und er kam und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht, eine Stunde zu wachen? Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach. Und er ging wieder hin und betete und sprach dieselben Worte und kam zurück und fand sie abermals schlafend; denn ihre Augen waren voller Schlaf, und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten.
Und er kam zum dritten Mal und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr weiter schlafen und ruhen? Es ist genug; die Stunde ist gekommen. Siehe, der Menschensohn wird überantwortet in die Hände der Sünder. Steht auf, lasst uns gehen! Siehe, der mich verrät, ist nahe.