Hallo Frau Scholl,
stimmt es, dass jeder nach dem Tod in den Himmel kommt, der sich im Leben dazu entschieden hat, Gott anzunehmen bzw. an Gott zu glauben?
Ist das die einzige Voraussetzung für das ewige Leben im Himmel?
Für die Beantwortung der Frage bedanke ich mich sehr herzlich im Voraus.
Viele Grüsse
Marvin
Lieber Marvin,
vielen Dank für Ihre Zeilen. Mit dieser Frage sind Sie nicht allein. Viele kluge Köpfe haben in der Geschichte des Christentums darüber nachgedacht, welche Voraussetzungen es gibt, um Anteil am ewigen Leben zu haben, oder wer in den Himmel kommt und wer nicht. Zu den wesentlichen Überzeugungen des Protestantismus gehört es ja, dass uns Menschen das Heil zukommt allein durch Gottes Gnade, ohne dass wir irgendetwas dafür leisten müssen. In letzter Konsequenz heißt das, dass es auch für das ewige Leben keine Voraussetzung gibt, die wir erfüllen müssten und somit auch nichts, was dafür sorgt, dass wir es verpassen.
Aber man kann ja schnell auf die Idee kommen, dass das auch ein wenig ungerecht ist, wenn die Himmelstüren so gleichermaßen für alle offenstehen und es am Ende garkeine Unterschiede gibt. Der Reformator Calvin z. B. ging von der sogenannten Prädestinantionslehre aus, das heißt davon, dass manchen Menschen das ewige Heil von Gott vorherbestimmt ist und manchen die ewige Verdammnis.
Ich selbst kann mir das so nicht vorstellen, wie Calvin sich das im 16. Jahrhundert gedacht hat. Ich glaube, dass wir alle Anteil am ewigen Leben haben. Womit ich mehr anfangen kann, ist der Gedanke eines Gerichts Gottes. Nicht in dem Sinne, dass von dort aus die Guten in den Himmel geschickt werden und die Bösen in der Hölle schmoren, aber für mich müsste es schon nochmal einen Moment geben, wo Ungerechtes zurechtgerückt wird und Versöhnung möglich wird, wo sie in der Welt nicht sein konnte.
In Ihrem Schreiben gehen Sie davon aus, dass der Glaube an Gott Voraussetzung ist für das ewige Leben. Wissen Sie, eine gute Freundin von mir ist bekennende Atheistin. Sie hat Achtung vor meinem Beruf und meinen Überzeugungen, aber sie kann mit Religion wenig bis garnichts anfangen. Oft diskutieren wir bis tief in die Nacht hinein. Für mich wäre ein Himmel unvorstellbar, in dem sie nicht sein dürfte. Das wäre ja gerade das Wunderbare, dass wir dann eine Ewigkeit Zeit hätten alles auszudiskutieren. Ein Himmel für mich, müsste einer sein, wo sie auch ist. Deshalb kann ich mir wirklich schlecht vorstellen, dass im ewigen Leben diejenigen, die nicht an Gott geglaubt haben, draußen bleiben müssen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen bei Ihrem Nachdenken ein wenig weiterheflen und wünsche Ihnen eine himmlische Woche.
Herzlich
Katharina Scholl