Gibt es den Satan?

Kai
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Hallo,

denken Sie, das es Satan und seine unheiligen Diener wirklich gibt? Wenn ich mir zum Beispiel das Bild vom Heiligen Antonius ansehe, wie die bösen Teufel ihn in die Luft heben und auf verschiedene Art quälen und versuchen, da möchte ich meinen, das sei wirklich so gewesen. Was meinen Sie; Herr Pastor?

Lieber Kai,

ach ja, der Satan! Die Frage nach dem Satan ist fast so etwas wie die innerkirchliche "Gretchenfrage": "Okay, Du glaubst an Gott. Aber wie hältst du's mit dem Satan?" Antwortet man darauf: "Nö, den gibt's nicht," hat man den biblischen Befund gegen sich und muss sich fragen lassen: Ja, ist denn Gott dann auch für alles Böse verantwortlich? Sagt man: "Ja, den Satan halte ich für durchaus real," muss man viele andere Fragen beantworten: Wer ist der denn? Wo kommt er her? Ist er der Gegenspieler Gottes? Ist er ein gefallener Engel? Und so weiter und so fort.

Darum möchte ich heute so auf Ihre Frage antworten – denn Sie haben mich ja nach meiner persönlichen Ansicht gefragt: Ich persönlich brauche den Teufel nicht. Der Teufel ist ein Hilfskonstrukt dafür, Gott einen Gegenpart zu schaffen, weil man damit nicht klar kommt, dass Gott auch dunkle Seiten haben kann. Nehmen wir zum Beispiel das Buch Hiob. Da ist von Gott und dem Satan die Rede. Die beiden machen eine Wette, was der arme Hiob alles so vertragen kann, bevor er sich gegen Gott wendet. Hiob hält eine Menge aus und sagt sich nicht los von Gott, aber er fordert Gott zum Gerichtsprozess heraus. Wohl gemerkt, er fordert Gott heraus. Der Satan spielt im ganzen Rest des Hiobbuches überhaupt keine Rolle mehr. Hiob will wissen, wie das mit Gott und seiner Gerechtigkeit ist. Am Schluss muss Hiob feststellen, dass er die Sache nicht durchschauen kann. Aber die Annahme, es sei letztlich Satans Schuld, die kommt nicht vor. Dabei hat das Buch sie zu Beginn doch nahe gelegt.

Kommen wir zu der nächsten sehr prominenten Satanstelle: Die Versuchung Jesu in der Wüste. (Matt 4,1-11) Da sind wir auch schon recht nah bei dem Heiligen Antonius, den Sie erwähnt haben. In der Wüste nämlich erscheint der Satan Jesus nach sage und schreibe vierzig Tagen des Fastens. Man kann sich gut vorstellen, dass man nach vierzig Tagen Fasten in der Wüste Besuch auch vom Satan bekommt. Jesus wird dann auch von dem Satan mit solchen Dingen versucht, die ihm besonders begehrenswert erscheinen mussten: Erst einmal mit etwas zu essen. Dann lautet die Versuchung sich einfach fallen zu lassen und Gott alle Verantwortung zu überlassen und schließlich Abkehr von Gott. Man kann aus diesem Bibeltext den Satan ebenfalls vollkommen herausstreichen, und er macht immer noch Sinn: Jesus will wissen, wie sehr er tatsächlich zu Gott gehört. Er geht in die Wüste und hält durch. Er isst tatsächlich nichts, stürzt sich nicht im Wahn in die Tiefe und kehrt Gott auch nicht den Rücken.

Antonius war ein großer Asket. Er lebte ebenfalls in der Wüste und liebte das Fasten ebenso wie die Einsamkeit. Er kannte selbstverständlich auch die Geschichte von der Versuchung Jesu. Da wäre es doch geradezu ein Wunder gewesen, wenn ihn nicht auch der Satan versucht hätte. Die Versuchungen für ihn waren etwas anderer Art, so erscheint ihm der Teufel zum Beispiel als eine (oder auch als mehrere) schöne Frauen. Auch Antonius bleibt standhaft, selbst als sein Teufel sich dazu anschickt, ihm sogar körperlich zu schaden, also ähnlich wie bei Hiob.

Ich will die Geschichten gar nicht "psychologisieren", aber sie funktionieren alle auch ohne einen personifizierten Satan. Allerdings sind sie farbiger, wenn man den Satan dabei hat. Er funktioniert gut als Rolle. Leider ist er aber auch zu einem großen Problem geworden, denn man fing an sich vor ihm zu fürchten. Während Jesus ihn noch lächerlich machte mit seinen gewitzten Antworten in der Wüste, haben sich Christinnen und Christen vor dem Satan gefürchtet, ihn überall erwartet und gesehen und sich verrückt machen lassen.

Darum bin ich dafür, den Satan aus unserem Glauben und erst Recht aus unserem Alltag auszutreiben. Ich denke, wir können sehr gut ohne ihn. Wer dennoch an der Vorstellung festhalten will, mag das tun, doch sollte man drauf achten, dass man ihm nicht zu viel Macht einräumt. Das können wir aus der Bibel lernen.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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