Ist Jesus nicht freundlich, sondern eher arogant?

Luise

Hallo! Ich habe letztens mal wieder so die ersten Kapitel des neuen Testaments gelesen. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als wäre Jesus anders geworden. Er schien mir immer so gnädig und freundlich, plötzlich wirkte er auf mich arrogant und von oben herabsehend. Warum ist das so? Und was mache ich, wenn ich das Gefühl nicht verliere? Vielen Dank schonmal.

Liebe Luise,

vielen Dank für Ihre Fragen! Sie haben etwas sehr Besonderes entdeckt, denn in der Tat: Jesus wird nicht immer gnädig und freundlich beschrieben, wie zum Beispiel im Matthäusevangelium: Auf dem Tempelvorplatz verjagt Jesus die Händler und stößt die Tische der Geldwechsler um (Matthäus 21,12-22). Ebenso wenig freundlich klingt sein Ausspruch: „O du ungläubiges und verkehrtes Geschlecht, wie lange soll ich bei euch sein? Wie lange soll ich euch ertragen?“ (Matthäus 17, 17). Bei der Heilung des Gelähmten (Matthäus 9, 1-8) wirkt Jesus durchaus arrogant gegenüber den Schriftgelehrten. Treffend sagen Sie, sein Verhalten wirke „von oben herab“. Jesus spricht – mit Vollmacht seines Vaters im Himmel – Worte, die von oben herab zu uns Menschen kommen.

Diese neu entdeckten Facetten Jesu haben Sie irritiert. Was können Sie tun, wenn Sie dieses Gefühl des „arroganten“ Jesu nicht verlieren? Angenommen, zum freundlichen Jesus kämen weitere Facetten seines Wesens hinzu: Könnten Sie darin für sich auch etwas Positives entdecken? Mir geht es beim Lesen so, dass Jesus auf mich gerade deshalb menschlich und „Fleisch geworden“ (Johannes 1,14) wirkt, weil ihm unser Gefühlsspektrum vertraut ist. Wenn Jesus in einigen Situationen arrogant und zornig wirkt, bedeutet das nicht, dass er uns Menschen gegenüber nicht mehr gnädig ist. Eher im Gegenteil: Zeugt es nicht von großer Gnade, dass Jesus sich den Menschen zuwendet, gerade weil er uns genau kennt?

Wenn Sie Lust dazu haben, lesen Sie das Neue Testament laut und probieren Sie unterschiedliche Betonungen in der wörtlichen Rede Jesu aus. Die Wirkung der biblischen Geschichten wandelt sich dadurch enorm! Durch diese neuen Leseeindrücke können Sie weiteres entdecken – Irritierendes, Anregendes, Heilsames und vieles mehr…

Beziehungen verändern sich ständig, auch unsere Beziehung zu Gott. Für diesen Erfahrungsweg wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute.

Ihre Helena Malsy

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