Liebe Sabine,
verzwickte Frage, die Sie uns stellen. Vielleicht hat Ihnen jemand folgenden Satz gesagt: "Gott wird alle Menschen, die sich nicht zu Jesus Christus bekehren, auf ewig verdammen." Das hieße, dass Menschen, die menschlich sind und human leben, Nächstenliebe üben und keine Christinnen oder Christen sind, automatisch in die Hölle geschickt werden. Was aber ist mit all den Menschen, die sich zu Jesus Christus bekennen, aber trotzdem Unrecht tun, ihre Nächsten verraten, sich mies verhalten? Kommen die dann automatisch in den Himmel nur weil sie Jesus Christus als Herrn und Heiland anerkennen?
Die Reformation hat die Kirche Jesu Christi in eine sichtbare und unsichtbare Kirche unterschieden. In der sichtbaren Kirche trifft man immer auch auf sogenannte Heuchler. Nur in der unsichtbaren Kirche sind die Menschen verbunden, die genau so leben, wie Jesus Christus es gewollt hat. Wir können die unsichtbare und die sichtbare Kirche nicht voneinander unterscheiden, denn wir sehen nur die sichtbare Kirche. Die unsichtbare Kirche kennt nur Gott. Also dürfen wir niemals sagen: "Diese Person kommt in den Himmel, jene nicht."
Also: Bitte seien Sie grundsätzlich vorsichtig, verschwenden Sie keinen Zeit mit Spekulationen. Wir sind nicht Gott und auch nicht seine keine Richterinnen und Richter. Darum meine erste Antwort: Dass alle, die Jesus Christus angenommen haben, in den Himmel kommen, ist nicht sicher, dass alle anderen Menschen automatisch in der Hölle landen, ist auch nicht ausgemachte Sache.
Der Himmel ist auch kein Speiseeis, dass ich meinen Kinder versprechen kann. Das Gericht Gottes verteilt keine Belohnungen, wie ich meine Kinder mit Eis belohnt habe, wenn sie mit ihren Zeugnissen nach Hause kamen. Gute Erziehung soll ein Kind, das schlechte Noten im Zeugnis nach Hause bringt, unterstützen und dessen Begabungen so fördern, dass es dem Kind langfristig gut tut. Strafen und Drohungen ist kein Mittel für gelingende Erziehung. Menschen, die Gott und sein Gericht als Drohmittel einsetzen, arbeiten gegen das Evangelium. Gott wirbt als "die Liebe" (1. Johannes 4,8) um menschlichen Glauben.
Die Apostel haben den Glauben an Jesus Christus gepredigt, seine Wohltaten aufgezählt, vom Reich Gottes, dem Himmelreich gesprochen und nicht mit der Hölle gedroht. Es gilt, was Jesus sagt: Gott "lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Matthäus 5,45)
Der Apostel Paulus geht selbstverständlich davon aus, dass Menschen, die nicht glauben, das Gesetz Gottes ins Herz geschrieben ist (siehe Römer 2,15). Und im Gewissen eines Jeden Menschen wirkt natürlich Gottes Gesetz und fördert gute Werke auch dann wenn Gott den Menschen unbekannt ist. Es gilt: "Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." (1. Timotheus 2,4)
Ich denke, dass dieses "Gott ist Liebe" auch für das Gericht Gottes gilt, die Hölle wird sehr leer sein und der Himmel ist gut besetzt. Aber zum Glück bin ich - wie Sie - nur Christ und nicht Richter im ewigen Gericht.
Freundliche Grüße, Ihr Pastor Henning Kiene
Eine ähnliche Frage hat mein Kollege Frank Muchlinsky schon einmal für eine trauernde Person sehr einfühlsam beantwortet. Das können Sie hier nachlesen.