Nach wem ruft Jesus am Kreuz?

Susanne
schwarze Frau schreit
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Hallo Herr Muchlinsky,

als ich gestern wieder mal ganz intensiv in meiner Bibel "geforscht" habe, bin ich auf den Text gestoßen, der eine Frage, die mir schon lange im Kopf rumschwirrt, erneut hat hochkommen lassen. Ich will versuchen diese Frage nun in Worte zu fassen.

In der Kreuzigungsgeschichte heißt es: 

Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis über das ganze Land bis zur neunten Stunde. Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli, Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Einige aber, die da standen, als sie das hörten, sprachen sie: Der ruft nach Elia. Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn auf ein Rohr und gab ihm zu trinken. Die anderen aber sprachen: Halt, lass sehen, ob Elia komme und ihm helfe! Aber Jesus schrie abermals laut und verschied. (Matthäus 27,45-50)

Nach dem Lesen dieses Bibelabschnitts hat mich mein "Forschergeist" gepackt. Über verschiedene Bibelstellen, die ich unter dem Stichwort: "Elia" gefunden habe, bin ich hier gelandet:

Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk von Johannes zu reden: Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu sehen? Wolltet ihr ein Rohr sehen, das der Wind hin und her weht? Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Menschen in weichen Kleidern sehen? Siehe, die weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Wolltet ihr einen Propheten sehen? Ja, ich sage euch: er ist mehr als ein Prophet. Dieser ist's, von dem geschrieben steht (Maleachi 3,1): »Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.« Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer als er. Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis heute leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalttätigen reißen es an sich. Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis hin zu Johannes; und wenn ihr's annehmen wollt: er ist Elia, der da kommen soll. Wer Ohren hat, der höre! (Matthäus 11,7-15)

Nun zu meiner Frage, na ja, eigentlich sind es wieder mehrere Fragen. Das "Eli, Eli..........." ist mit "Mein Gott, mein Gott............" übersetzt. Dann heißt es weiter, "Der ruft nach Elia......." Hat sich in die Übersetzung ein Fehler eingeschlichen? Ruft Jesus wirklich nach Elia und gar nicht nach Gott? Aber warum sollte er dies getan haben? Warum soll Jesus nach Elia, der laut Matthäus 11,7-15 Johannes der Täufer ist, gerufen haben, und nicht nach Gott, seinem Vater?

Auf Ihre Antwort auf meine Fragen bin ich sehr gespannt.

Herzliche Grüße Susanne

Liebe Susanne,

der Ausruf Jesu am Kreuz "Eli, Eli lama asabtani" bedeutet übersetzt genau das, was Matthäus schreibt: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Es ist ein Zitat aus Psalm 22, der in Hebräisch verfasst wurde. "El" ist hebräisch für "Gott". Sicherlich kennen Sie Namen wie "Betel" ("Bet, Haus plus "El", Gott ergibt Haus Gottes), die mit dem Wort "El" gebildet werden. Auch Elia ist so eine Wortschöpfung. Der Name bedeutet Eli (Mein Gott) Ja (Jahwe): Mein Gott ist Jahwe.

Elia ist ein Prophet aus der Zeit der Könige in Israel. Von ihm wird in den Könige-Büchern des Alten Testaments berichtet. (1 Kön und 2 Kön). Das Besondere an diesem Propheten ist, dass er am Ende seiner Lebenszeit nicht stirbt, sondern er wird vor den Augen seines Nachfolgers Elisa direkt in den Himmel "entrückt" (2 Kön 2,1-18). Dieser Umstand und die Tatsache, dass er ein sehr wichtiger Prophet für Israel war, haben dazu geführt, dass man auch noch zur zeit Jesu auf die Wiederkunft Elias wartete. Der wiederkommende Elia war eine der großen Hoffnungen in Israel, denn dann würde auch der Messias kommen.

Darum kann Jesus im Matthäusevangelium von Johannes als Elia reden, weil er damit sagt: Seht her: Elia ist da, und wer kommt danach? Natürlich der Messias. Ergänze: Und der bin ich, Jesus, selbst.

So kommt es schließlich auch zu dem Missverständnis am Kreuz. Jesus ruft einen hebräischen Psalmvers und die Umstehenden verstehen Elia, weil der eben eine große Hoffnung ist für die Rettung Israels.

Ich hoffe, dass ich die Verwirrung etwas mindern konnte.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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