Was ist ein erweiterter Segen?

Mona

Lieber Herr Muchlinsky,

gestern war ich das erste Mal am Dreikönigstag in der Kirche und es wurde ein sogenannter erweiterter Segen gespendet. Es wurde speziell der Raum über und unter uns, neben uns, um uns und in uns gesegnet. Dies hat mich sehr berührt. Ich wüßte nun gerne, ob dieser Segen typischerweise immer am 06.01. gespendet wird und nur dann oder ob das im Ermessen des jeweiligen Geistlichen liegt, wann er "zum Einsatz kommt". Kann man die Worte des Segens irgendwo nachlesen? Oder ist das kein fester liturgischer Text?

Ich freue mich auf ihre Antwort.

 

Liebe Mona,

 

schön, dass Sie sich rundum gesegnet fühlen durch diesen "erweiterten" Segen. Üblicherweise wird am Ende eines Gottesdienstes ja der sogenannte Aaronitische Segen gesprochen (nach Aaron, dem Bruder des Mose, der das Israelitische Priestergeschlecht begründete): "Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden." Die Formulierung stammt aus der Bibel (4. Mose 6,24-26) und ist so etwas wie die Einheitsformulierung unserer Kirche geworden, wenn wir segnen.

 

Allerdings kann man auch mit ganz anderen Worten segnen. Es gibt unzählig viele Formulierungen, wie man einem Menschen (oder einer Gruppe) zusprechen kann, dass Gott sie begleiten möge. Wenn solche Formulierungen etwas länger werden als die übliche kurze, kann man von einem erweiterten Segen sprechen. Die Erweiterung bezieht sich nicht darauf, was außer Ihnen selbst noch gesegnet wird, sondern schlicht auf die Länge der Formulierung.

 

Wann ein Pfarrer oder eine Pfarrerin solche einen erweiterten Segen spricht, entscheidet sie selbst. Allerdings gehen wir in der Regel ein wenig sparsam damit um und sprechen solche erweiterten Formulierungen lieber zu besonderen Anlässen - eben damit sie besonders bleiben. Das war wohl der Grund, warum sie auf diese Weise am 6. Januar zu Epiphanias gesegnet wurden.

 

Mich erinnert, was Sie erzählen, an einen Segensspruch, den ich auch schon gehört habe. Ist es dieser?

Der Herr sei vor dir,
um dir den rechten Weg zu zeigen.

Der Herr sei neben dir,
um dich in die Arme zu schließen
und dich zu schützen.

Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren
vor der Heimtücke böser Menschen.

Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen,
wenn du fällst, und dich aus der Schlinge zu ziehen.

Der Herr sei in dir, um dich zu trösten,
wenn du traurig bist.

Der Herr sei um dich herum,
um dich zu verteidigen,
wenn andere über dich herfallen.

Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.

So segne dich der gütige Gott.

 

Es gibt auch im Internet viele Seiten, auf denen verschiedene Segensformulierungen zu finden sind. Googeln Sie ruhig fröhlich drauf los. Hier nur ein beispiel für eine kleine Liste der Badischen Landeskirche. Und bleiben Sie so gesegnet!

 

Ihr Frank Muchlinsky

 

P.S. Oh, bevor ich es vergesse: Es ist mir ein sehr großes Anliegen, deutlich zu sagen, dass jeder Christ, jeder Christin andere Menschen segnen kann. Das ist nicht, was Geistlichen vorbehalten ist. Wenn Sie also Kinder, Partner oder Fremde segnen möchten, dann steht dem nichts im Wege.

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