Muss ein Christ Kinder wollen?

Malin
Blick zwischen Frau und Kind
Foto: Imgorthand/Getty Images

Guten Tag,

ich möchte keine Kinder haben und fühl mich deshalb auch nicht schlecht (auch wenn sehr viele Leute, die das nichts angeht, deshalb sauer sind). Meine Frage ist, wie die Kirche dazu steht. Mir ist aufgefallen, dass negative Reaktionen besonders von Christen kommt (im Gegensatz zu Atheisten) und ich weiß nicht ob das Zufall ist oder ob in der Bibel etwas steht das die Leute glauben lässt sich einmischen zu dürfen, bzw. dass mein Nicht-Kinderwunsch falsch ist.

Vielen Dank schon mal im Voraus :)
Mit freundlichen Grüßen

Liebe Malin,

 

vielen Dank für Ihre Frage. Ich antworte gern darauf als evangelisch-lutherische Christin und würde dafür den Blick etwas weg von der Bibel und eher auf die gängige Glaubenslehre beziehungsweise auf die Traditionen der einzelnen Kirchen lenken.

 

Sie sprechen davon, dass Sie von christlicher Seite "negative Reaktionen" erfahren haben, wenn Sie von ihrem Wunsch, kinderlos zu leben, erzählten. Das kann ich mir gut vorstellen. Die römisch-katholische Kirche ist besonders klar in der Auffassung, dass eine Ehe dafür da ist, Kinder zu bekommen. Im Katechismus der katholischen Kirche heißt es:

 

Nr. 2363: Durch die Vereinigung der Gatten verwirklicht sich der doppelte Zweck der Ehe: das Wohl der Gatten selbst und die Weitergabe des Lebens. Man kann diese beiden Bedeutungen oder Werte der Ehe nicht voneinander trennen, ohne das geistliche Leben des Ehepaares zu beeinträchtigen und die Güter der Ehe und die Zukunft der Familie aufs Spiel zu setzen.

Die eheliche Liebe zwischen Mann und Frau steht somit unter der doppelten Forderung der Treue und der Fruchtbarkeit.

 

Die Ehe wird also geschlossen mit dem Zweck Kinder zu kriegen. Eine Ehe ohne Kinder gilt im römisch-katholischen Sinne nicht als erfüllt.

Für die evangelische Position finden wir keine solch klare Formulierung. Die Ehe ist in der evangelischen Kirche kein Sakrament, sondern, wie Luther es beschrieb, „ein weltlich Ding“. In einer Schrift des Rats der EKD (allerdings bereits von 1994) wird dazu aufgefordert, sowohl Gründe für Kinder und Gründe gegen Kinder zu sammeln. Dabei gilt aber:

 

Gut wäre es aber, menschlich und christlich, wenn vor allen diesen vernünftigen Überlegungen noch ein anderer Grund stünde, nämlich einfach die Lebensfreude. Unser Leben ist ein Geschenk. Und weil wir uns am Leben freuen, wollen wir es auch weitergeben. Als ein Maßstab der Lebensführung hieße das: Wem es geschenkt ist zu leben, wirft die Tür nicht hinter sich zu. Sie oder er können ihre Sorge für die Zukunft auch durch den Einsatz für eine lebenswertere zukünftige Welt bekunden, das sei noch einmal betont. Aber sie und er: sie sollten auch nicht ohne Not in ihrer Lebensplanung auf die Möglichkeit, Familie zu werden, verzichten. (vgl. Ehe und Familie. Ein Wort des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland aus Anlaß des Internationalen Jahres der Familie 1994, EKD - Text Nr. 50, 1994)

 

Wir finden also auch eine durchaus kinder-bejahende Position in der evangelischen Kirche, die zurückgeführt wird auf eine lebensfreudige und dankbare Stimmung, die die biblischen Schriften vermitteln. Trotzdem ist es nicht „falsch“ oder wird verurteilt, keine Kinder zu haben. Den beiden Schöpfungserzählungen nach sind wir Menschen als gottesebenbildlich geschaffen, daraus lässt sich die Position ableiten, dass es also nur im Sinne Gottes sein kann sich zu vermehren. Vielleicht kennen Sie auch die Aufforderung aus 1. Mose 1,27-28 „Seid fruchtbar und mehret euch“. Auch das kann man als Aufforderung zur Fortpflanzung verstehen. Darin gründet die kinder-bejahende Position der christlichen Kirchen.

 

In jedem Fall geht es darum, dass Sie Ihr Leben lebendig erhalten. Darum: Denken Sie weiter darüber nach, was Ihr Leben bringen soll! Egal zu welchem Ergebnis Sie in Sachen Kinderwunsch kommen, ich bin der Überzeugung, dass es an dieser Stelle kein richtig und falsch gibt. Wie Sie sich entscheiden, nach einem Reflexionsprozess, am besten mit Ihrem Partner zusammen, ist „richtig“.

 

Ich wünsche Ihnen alles Gute,

Pia Heu

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