Todesstrafe

Gast

hat die evangelische kirche eine einheitliche offizielle ansicht zum thema todesstrafe im alten testament , nämlich : ist die todesstrafe im AT von GOTT oder von menschen erdacht worden ???

ich habe manches zeug gelesen , die todesstraf-idee sei gott (von priester nachträglich ,z.b. durch bibeltextverfälschungen und anderes mehr)in die schuhe geschoben worden, es sei im AT nicht (!) Seine idee bei diversen vergehen ... also Gott sei immer gegen Todesstrafe,habe sie weder erfunden noch eigesetzt noch institutonalisiert u.u.u. . er sei doch barmherzig usw. ... Also Todesstrafe stamme nicht von Gott. Ist das so auch ungeteilt einheitliche offizielle info nach außen (und innen ,hihi) durch die evang . kirche oder nicht oder anders ???

Lieber Gast,

lassen Sie mich eine ganz wichtige Information an den Anfang stellen: „Die“ evangelische Kirche gibt es nicht! Anders als in der katholischen Kirche gibt es nicht die „eine, einheitliche, offizielle“ Meinung! Das liegt daran, dass es viele verschiedene evangelische Kirchen gibt. Zwar gibt es Zusammenschlüsse, doch bestehen all diese Kirchen auch auf ihre Selbstständigkeit. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ist so ein Zusammenschluss der verschiedenen Kirchen. Wenn sie etwas veröffentlicht, dann (lediglich) für diejenigen Kirchen, die in der EKD Mitglied sind. Und das ist jetzt nur Deutschland. Weltweit gibt es noch viel mehr evangelische Kirchen. Wir haben nicht das eine Oberhaupt, nicht die eine Meinung oder die eine Struktur.

Die EKD hat eine sehr deutliche Meinung zur Todesstrafe überhaupt (unabhängig davon, wer sie „erfunden“ hat). Regelmäßig zum 10. Oktober, dem internationalen Tag gegen die Todesstrafe plädiert die EKD durch ihren Auslandsbischof für eine Abschaffung. Hier ein Ausschnitt aus der letzten Pressemitteilung::

Pressestelle der EKD vom 10.10.2011 wrote: Grundsätzlich seien die Würde des Menschen und sein damit verbundenes Recht auf Leben von staatlicher Seite zu schützen, wie es auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschrieben ist. Dass Menschen immer noch gehängt, vergiftet oder erschossen werden, um eine andere Straftat zu vergelten, sei mit dem christlichen Verständnis von Vergebung nicht vereinbar. „Gerechtigkeit wird nicht durch weiteres Unrecht hergestellt“, so der Auslandsbischof weiter.

Und hier der Link zur ganzen Mitteilung: http://www.ekd.de/international/menschenrechte/presse/pm234_2011_hinrich...

Lieber Gast, Sie merken es vielleicht schon: Die Frage, wer die Todesstrafe einmal „erfunden“ hat, ob sie vielleicht gar auf Gott selbst zurückgeht, spielt in den Überlegungen der EKD keine Rolle! Der Grund dafür ist dieser: Wir leben in einem Rechtsstaat, der sich seine eigenen Regeln gegeben hat. Wir leben eben nicht nach den Gesetzesvorschriften der Bibel. Wenn sich die Kirche also zur Frage der Todesstrafe äußert, argumentiert sie nicht exegetisch, also mit Erkenntnissen zur Bibelentstehung, sondern sie argumentiert theologisch, also aus dem gesamten Glaubenszeugnis heraus. Exegetisch, d.h. von der Bibelauslegung her, lässt sich zum Thema „Todesstrafe“ sagen, dass sie als Teil des Rechtssystems der Welt des Alten und Neuen (!) Testaments unhinterfragt in Geltung war. Selbstverständlich ging man in der Antike (und weit darüber hinaus) davon aus, dass ein Gesetz seinen letztendlichen Ursprung in Gott hat. Insofern basieren die biblischen Aussagen zur Todesstrafe – als Grundsatz staatlich-politischen Rechts – darauf, dass Gott sie gewollt hat. Seit die biblischen Gesetzesvorgaben nicht mehr politisch-juristisch relevant sind, ist diese Frage aber nur noch von historischem Interesse.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Muchlinsky

Schlagworte