Braucht es das Abendmahl noch?

Rolf Hiemer
Frau hält ein Stück Brot und einen kleinen Kelch mit Wein.
Bobbie Wallace auf Unsplash
Abendmahl mit Einzelkelch

Das Abendmahl finde ich ästhetisch eher verkrampft und die Sühnetheologie samt schwieriger Einsetzungsworte ("mein Blut, mein Fleisch") ganz schön Heavy Stuff. Dann können wir nicht mal mit dem Katholiken gemeinsam feiern ... Wäre es nicht besser, darauf zu verzichten und wie bei Lukas im Gleichnis vom großen Mahl, mit allen guten Willens zu feiern? Mit allen Menschen aus allen Religionen?

Lieber Herr Hiemer,

warum nicht das Eine tun und das Andere auch? Gemeinschaft mit anderen Religionen zu feiern, ist eine gute Sache. Sich zu vergewissern, dass Jesus bei uns ist, wenn wir in seinem Namen feiern, ist ebenfalls gut.

Bei all den Streitigkeiten und all dem Trennenden, wenn es um das Abendmahl geht, ist es doch die Urform des christlichen Gottesdienstes. Die ersten Christenmenschen kamen zusammen und teilten Brot und Wein im Namen Jesu. Welche Theologie man mit dem Abendmahl auch verbindet, es ist immer auch das sichtbare Zeichen für die Gemeinschaft untereinander und mit Jesus. Für einige kommt tatsächlich die Vergebung der Sünden als wichtiger Inhalt hinzu. Andere spüren besonders die Verbundenheit mit dem Himmel, wieder andere genießen es, sich Jesus im Abendmahl ganz nah zu fühlen. 

Ja, es ist "Heavy Stuff", wie Sie schreiben, aber die Worte "Das ist mein Leib … Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut" stehen so als Worte Jesu in der Bibel (z.B. Lukas 22,19-20). Meiner persönlichen Ansicht nach spielt es eine geringe Rolle, wie genau man diese Worte versteht, oder ob sich nun etwas verwandelt oder nicht. Ich weiß, dass ich damit den Bekenntnissen meiner lutherischen Kirche widerspreche, aber wer wäre ich zu behaupten, ich wüsste, was diejenigen, die am Abendmahl teilnehmen, genau damit verbinden? 

Darum sehe ich auch das Trennende des Abendmahls nicht als gegeben an, schon gar nicht als gottgegeben. Einladen zum Abendmahl tut weder die Kirche noch ein Priester oder eine Pfarrerin. Jesus lädt ein. Und insofern bin ich mit Ihnen einer Meinung: Diejenigen, die Jesus einlädt, werde ich nicht ausladen. Allerdings – und das ist ein wichtiger Punkt – im Gleichnis vom großen Gastmahl sind es gerade nicht die Menschen "guten Willens", die als Gäste eingeladen werden. Es sind die Verachteten und Ausgestoßenen. Ob sie "guten Willens" sind, steht dort nicht. Und es ist auch nicht die Voraussetzung dafür, dass sie eingeladen werden. (Siehe Lukas 14)

Darum, weil Sie mich gefragt haben: Ich würde eher auf alles andere im Gottesdienst verzichten als auf das Abendmahl. Und anschließend gehen wir auseinander und treffen uns mit Menschen guten Willens, wir setzen uns an große Tische mit Menschen aller Religionen. 

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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