Wie soll ich wieder vertrauen?

HW

Ich habe vor einem Jahr ungefähr rausbekommen, dass meine Frau eine Affäre hatte. Sie hat das dann auch zugegeben, und wir haben anschließend eine Paartherapie gemach, weil wir zusammenbleiben wollen. Aber meine Frau ist öfters mal geschäftlich weg, und ich merke, dass ich ihr immer noch nicht vertrauen kann. Wenn sie weg ist, male ich mir sonst was aus. Wenn ich ihr das sage, fangen wir an uns zu streiten, weil sie sagt, dass ich ihr endlich wieder vertrauen soll. Aber ich kann das einfach nicht. Ich bin ganz ratlos, weil ich sie wirklich nicht verlieren will.

Lieber HW,


danke für Ihre ehrlich und offene Frage!
Sie sagen, Sie und Ihre Frau haben eine Paartherapie gemacht. Ich nehme an, Sie haben viel über gegenseitiges Vertrauen gesprochen und überlegt, wie Sie das Vertrauen wieder herstellen können? Sie haben sicher über Ihre Ehe gesprochen- aber haben Sie auch über sich persönlich gesprochen?
Das ist die Frage, die für mich hier im Raum steht: in wieweit haben Sie Vertrauen zu sich selber? Welchen Wert sprechen Sie sich selber zu? Welche Gefühle wollen (endlich?) wahrgenommen und wertgeschätzt werden?
Oft ist das Verzeihen nach einem Vertrauensbruch ausschließlich mentaler Art. Die Vernunft spielt mit. Aber die Emotionen und das Herz? Nun, wütend werden Sie schon gewesen sein und vielleicht haben Sie ihrer Wut auch Ausdruck gegeben. Aber wo haben Sie Ihre Enttäuschung, Ihre Trauer hingebracht? Haben Sie diese starken Gefühle aus dem dunklen Keller gelassen oder sitzen sie dort immer noch, eingesperrt, ohne Licht, ohne Liebe, ohne Trost und Zuspruch? Dann wird es Zeit, sie zu befreien.

 

Nun stelle ich Ihnen mehr Fragen als ich Antworten gebe, ich weiß. Allerdings liegt darin die Lösung verborgen: Stellen Sie sich diesen Gefühlen, in aller Wahrhaftigkeit. Lernen Sie, sich selber zu vertrauen. Ja, die Emotionen scheinen Sie erst einmal schwach zu machen und diesem Gefühl der Schwäche weichen wir alle ja gerne mal aus. Da wird großmütig verziehen, Argumente für die gemeinsame Zukunft werden gefunden, gute Vorsätze sind gefasst und nach außen hin wird lieber Stärke gezeigt.
Im Keller sitzen sie dennoch, Ihre wirklichen Gefühle und sie schicken immer wieder Luftblasen an die Oberfläche. Diese „Blähungen“ sind gemein und schmerzhaft, denn sie kommen unterbewusst und klingen nach: Bin ich gut genug? Reiche ich ihr? Oder schlimmer: ich reiche nicht. Ich bin es nicht wert. Andere sind besser, erfolgreicher, liebevoller, männlicher ... Der Verstand und die Logik kapitulieren hier, Argumente oder gute Vorsätze machen den dunklen Keller nicht auf.

 


Mein Tipp: Fangen Sie an, etwas für sich selbst zu tun, ganz bewusst ohne Ihre Frau. Entdecken Sie die weggesperrten Restbestände Ihrer Wut. Schauen Sie sich Ihre Hilflosigkeit an, nehmen Sie Ihre Angst vor dem Alleine- Sein bewusst wahr. Doch, Sie sind dann immer noch männlich, stark, machtvoll. Dann erst recht! Nur wer sich selber wertschätzt mit allen Facetten seiner Persönlichkeit, kommt in seine eigene Kraft. 

 


Meine eigene Erfahrung hat mich gelehrt: wenn ich am schwächsten bin, ist mir Gott am nächsten. Klingt platt, ist es nicht. Und beten hilft dann besonders gut.
Vielleicht gönnen Sie sich ein Coaching, nur für sich. Alleine stehen wir den Untiefen unserer Emotionen meistens hilflos gegenüber, wir haben alle unsere blinden Flecken. Diese aufzudecken ist aufregend, manchmal schmerzvoll. Es hilft aber, über sich hinaus zu wachsen und Vertrauen zu bekommen zu dem wichtigsten Menschen in Ihrem Leben: zu sich selber.

 

Ich wünsche Ihnen viel Einfühlungsvermögen für sich persönlich, Licht in Ihrem Keller und Gottes Segen!

In Verbundenheit
Ihre Heike Bauer- Banzhaf