Flugzeugabsturz in den Französischen Alpen

Susanne

Hallo Frau Buettner, der Flugzeugabsturz am Dienstag in den Französischen Alpen ist allein schon eine schlimme Katastrophe. Seit gestern (Donnerstag) hat diese Katastrophe an Schrecken noch eine viel größere Dimension angenommen. Der Co-Pilot des Flugzeuges soll dieses willentlich zum Absturz gebracht haben. Die Nachrichten aller Medien berichten fast ausschließlich über diese unfaßbare Katastrophe, bei der 150 Menschen, darunter auch viele Deutsche, den Tod fanden. Auch hier, auf evangelisch.de, wird darüber berichtet. Nun habe ich eine Nachricht, hier auf der Seite von evangelisch.de gelesen, in der die Bildzeitung zu Wort kommt. Zitat: "Wir haben es mit einem Mann aus der Mitte unserer Gesellschaft zu tun, der als Figur des Grauens, als bisher größter deutscher Verbrecher des (jungen) 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird", erklärte "Bild" auf der Facebook-Seite der Zeitung. Meine Gedanken und gleichzeitig auch meine Frage dazu ist: Kann man einen Menschen, der so etwas tut als "Figur des Grauens, als größten deutschen Verbrecher des jungen 21. Jahrhunderts" bezeichnen? Natürlich hat der Co-Pilot der Maschine, etwas sehr, sehr schlimmes und aus menschlicher Sicht unbegreifliches getan, was er niemals hätte tun dürfen. Aber in meinen Augen ist ein Mensch, der zu so etwas fähig ist, schwer krank. Und die Spekulationen darüber, dass der Co-Pilot krank war, scheinen sich ja auch weiter zu verdichten. Für mich sieht das ganze Geschehen aus, wie eine Verzweiflungstat eines Menschen, der einfach nicht mehr so weiterleben wollte. Sind Medien, im Zitat oben eine Zeitung, dazu berechtigt einen solchen Menschen als "Figur des Grauens, als größten deutschen Verbrecher des jungen 21. Jahrhunderts" zu bezeichnen? Ich möchte hier keine kontroverse Diskussion auslösen, aber ich möchte eine Antwort, aus christlicher Sicht, zu meinen Gedanken und Fragen zu diesem Thema, von Ihnen. Vielleicht hat ja auch die Bibel Antworten dazu? Ich weiß es nicht! Herzliche Grüße Susanne

Liebe Susanne,

mir fallen zu Ihrer Frage zwei Geschichten ein:

Die Geschichte von der Ehebrecherin (Joh 8,1-11) und die Geschichte der Versuchung Jesu in der Wüste (Mt 4,1-11).

"Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein" sagt Jesus zu denen, die die Ehebrecherin steinigen wollen. Darauf lässt die Gruppe die erhobenen Arme sinken und die Steine auf den Bodn fallen. In sofern würde ich aus christlicher Sicht sagen, wir sollten zurückhaltend mit Urteilen über andere sein und zurückhaltend damit, andere an den Pranger zu stellen.

Die andere Geschichte erzählt davon, dass Jesus dem Teufel begegnet, der ihn in Versuchung führt, sich ihm zu unterwerfen. Ich weiß nicht, ob es wirklich einen Teufel gibt, aber als Christin denke ich, dass es die Macht der Sünde und der Versuchung gibt. Die menschlichen Abgründe, das, wozu Menschen fähig sind, sind erschreckend. Insofern ist der Schritt nicht weit, Menschen, die etwas Schreckliches getan haben als "Teufel" zu bezeichnen. Es zeigt die Ohnmacht, die Menschen angesichts solcher Ereignisse empfinden. Es zeigt den Versuch, solche Ereignisse irgendwie einzuordnen, eine Erklärung zu finden.

Bei beiden Geschichten gilt aber meiner Meinung nach ein Grundsatz: Menschen sprechen nicht das letzte Urteil über andere. Das letzte Urteil spricht Gott. Er allein sieht den ganzen Menschen. Er hat die Macht, das Böse zu besiegen. Ich persönlich glaube ganz fest daran, dass bei Gott keine ewige Verdammnis ist, sondern unendliche Gnade. Etwas von dieser Gnade wird deutlich, wenn ich mir vor Augen führe, wie Jesus zu den Menschen gegangen ist, unter denen auch solche waren, die von den anderen als Sünder bezeichnet wurden. Jesus ist diesen Menschen mit offenen Armen begegnet.

Mir hilft es, darauf zu vertrauen, dass, selbst wenn ich kein Mitleid für Täter empfinden kann, Gott schon wissen wird, wie er mit ihnen umgeht und mit dem, was sie getan haben.

Ihre Irmela Büttner

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