Wie geht es mit Familie und Zukunft weiter?

Eslinger

Guten Tag Frau Klee!

Ich bin verzweifelt. Ich habe ein normales Leben mit Ehmann und Kindern. Ich habe mich aber in eine Frau verliebt. Und ich liebe meinen Mann. Er mag die Frau auch. Sie möchte gerne mit uns leben und das könnten wir uns auch gut vorstellen, allerdings habe ich bedenken wegen Himmel und Hölle, da es in der Bibel nicht ganz verständlich ist, ob es erlaubt ist.

Können sie mich etwas aufklären? Da Gott sagt "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" und ich tue damit niemanden was Böses.

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Liebe Fragestellerin,

herzlichen Dank für Ihre Frage!

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, lieben Sie eine Frau, diese Frau liebt Sie. Ihr Mann weiß ebenfalls davon und auch er wäre einverstanden, wenn Sie zu Dritt zusammenwohnen. Sprich: Sie alle drei haben offen miteinander geredet und können sich eine Lösung vorstellen, die Sie miteinander tragen können. Es sind auch Kinder involviert.

Erst einmal finde ich erst es ganz großartig, dass Sie diese Lösung gefunden haben! Ein wichtiges Kriterium für gelingende Beziehungen sind Offenheit, Ehrlichkeit und Kommunikation. Gottes Segen gilt der Liebe von Menschen, die auf diese Weise miteinander umgehen: wertschätzend, empathisch, liebevoll, konstruktiv, auf Augenhöhe, im Konsens.

In unserer westlichen Gesellschaft ist seit vielen Jahrhunderten das monogame Eheverständnis vorherrschend - es stammt aus der bürgerlichen Familie des 18./19. Jahrhunderts, aus der Zeit der Romantik. Kerstin Söderblom hat dazu einen Artikel verfasst: Biblisches Ehe- und Familienverständnis. Trotzdem gab und gibt es alternative Beziehungsmodelle. Die Bibel ist angefüllt davon. Gerade die Erzväter- und Erzmüttergeschichten erzählen eher von polygamen Beziehungen. Dies muss auch bei den ersten Christinnen und Christen noch möglich gewesen sein, da im Timotheusbrief geistlichen Leitungen empfohlen wird, nur eine einzige Frau zu haben. (1. Tim 3,2.12). Ebenso im Titusbrief (Tit 1,6). Später wurde die Polygamie im Christentum verboten und im Hochmittelalter die christliche Trauung als verpflichtend eingeführt. Martin Luther war der erste, der die christliche Hoheit bezüglich der Ehe wiederum in Frage stellte und die Trauung als weltlich verstand. Mit der Zeit der Aufklärung setzte sich schließlich die Zivilehe durch.

Während in anderen Kulturkreisen Beziehungsformen mit mehr als zwei Menschen möglich und üblich sind - und das auch in christlichen Kontexten - entwickelte sich in Deutschland erst in den letzten Jahren eine Offenheit für polyamore Beziehungsformen. Wie so oft hinkt die evangelische Kirche in sexualethischen Fragestellungen ein wenig hinterher. Daher gibt es bisher kaum eine größere Debatte über alternative Beziehungsmodelle, obwohl es auch einige polyamor lebende Christ*innen gibt. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren noch ändern wird!

Somit ist es letztlich also Ihre gemeinsame Entscheidung, wie Sie lieben und leben mögen. Solange Sie weiterhin offen, ehrlich und wertschätzend miteinander umgehen, spricht nichts dagegen, dass Sie das Zusammenleben miteinander ausprobieren. Vielleicht können Sie sich mit anderen austauschen, die bereits ähnliche Erfahrungen sammeln konnten. Nur Mut!

Ich wünsche Ihnen Dreien alles Gute,

bleiben Sie behütet,

Johanna Klee

 

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