Gott ein Mistkerl?

Marko
Wütender Mann ballt die Fäuste
©Getty Images/iStockphoto/mheim3011

Hallo,
darf man Gott einen "Mistkerl" nennen, so wie die von Hugh Grant verkörperte Figur des Charles in dem Film "Vier Hochzeiten und ein Todesfall"?

Lieber Marko,

eine spannende Frage, auf die ich eine etwas längere Antwort geben muss, oder besser gesagt: Mehrere Antworten.

Antwort 1: Gott hält viel aus. Wenn man – wie "Charles" – mit dem Schicksal hadert, kann es schon passieren, dass man in seiner Wut Sachen sagt, die man vielleicht später bereut. Das kann natürlich auch Gott gegenüber geschehen. Allerdings sind Streitgespräche mit Gott nichts Verbotenes. Es gibt Psalmen in der Bibel, in denen die Menschen, die dort beten, ihrem Gott heftige Vorwürfe machen. Ich empfehle die Lektüre von Psalm 22 und Psalm 88. Gläubige Menschen haben also durchaus das Recht, sich empört oder wütend oder verzweifelt an Gott zu wenden.

Antwort 2: Vorwürfe sind okay, Beleidigungen sollte man sein lassen. Wer von einem anderen Menschen etwas will, sollte ihn möglichst nicht beleidigen, sondern ihm stattdessen sagen, was ihn stört. Das sollte auch für die Beziehung zu Gott gelten. Eine Beleidigung führt zu Verletzungen und belastet die Beziehung in jedem Fall. Man muss dann erst diese Verletzung heilen, bevor es mit dem eigentlichen Thema überhaupt weitergehen kann, also: Besser keine Beleidigungen! Die Psalmen verzichten auch grundsätzlich darauf.

Antwort 3: Unglückliche Wortwahl. Gott einen Mistkerl zu nennen, ist nicht nur deswegen problematisch, weil es Gott beleidigt, sondern auch, weil es Gott ein Geschlecht zuschreibt. Gott hat kein Geschlecht, und wir sollten alles unterlassen, das Gott wieder einmal zu einem Kerl macht.

Antwort 4: Es gibt Alternativen. Im Grunde genommen steckt in jedem laut gesagten "Oh Gott!" ein Stück der Empörung oder des Ärgers, den auch "Charles" loswerden will. Manchmal will man sich einfach Luft machen, manchmal will man einfach rausschreien, dass es so nicht geht. Und dafür ist Gott in jedem Fall eine gute Adresse. Ich empfehle darum lautes Rufen: "Oh Gott" (mit sehr vielen "o"s). Allen Ärger über den Schicksalsschlag in diesen Schrei legen! Alle Verzweiflung! Auf diese Weise wird man etwas los, ohne etwas anderes kaputtzumachen.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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