Ground Zero ein Wallfahrtsort?

Gast

Hallo H. Muchlinsky!

Auf evangelisch.de habe ich einen Bericht gelesen über einen evangelischen Auslandspfarrer in New York. Dieser sagt aus, dass zehn Jahre nach dem Terroranschlag auf die Twin-Towers in New York wäre "Ground Zero" zu einem "Wallfahrtsort" geworden. New Yorker und Touristen stünden an einem Ort, "wo Menschen anderen so Schlimmes zugefügt haben, dass einem nichts dazu einfällt, dass man sprachlos wird", sagte der evangelische Pfarrer Herr Wassermann im epd-Gespräch. Daher sei der Begriff "Wallfahrtsort" angebracht. Durch diese Äußerung bin ich etwas irritiert! Ein Wallfahrtsort ist doch normalerweise ein Ort mit wichtiger religiöser Bedeutung und als solcher das Ziel einer Wallfahrt. Manchmal werden diesen Orten auch besondere Wirkungen zugesprochen, wie Heilung von Gebrechen usw. Oft spielt auch eine wichtige Persönlichkeit, irgendwelche Heilige eine zentrale Rolle. Ist Ground Zero tatsächlich ein Wallfahrtsort?
 

Lieber Gast,

Sie haben Recht: Wallfahrts- oder Pilgerreisen sind in der Regel religiös motiviert. Ob aus Gründen der Buße oder des Danks, oder um im Alltag um Hilfe zu bitten – wer pilgert, möchte eine tiefe religiöse Erfahrung machen.
Der Ort, zu dem man pilgert, kann dabei aber ganz unterschiedlicher Natur sein, bzw. das „religiöse Empfinden“ an einem solchen Ort kann auf ganz unterschiedliche Weise geweckt werden. Man kann zu Gräbern ebenso pilgern wie zu heiltätigen Quellen. „Ground Zero“ ist ein Grab. Wer dorthin „pilgert“, erhofft sich, dort den Menschen nah zu sein, die dort „begraben“ liegen bzw. die dort starben.

Natürlich will niemand von den „Pilgern“ den Ort dieser schrecklichen Ereignisse „heilig machen“. Er ist vielmehr – nicht zuletzt durch die Einrichtung einer Gedenkstätte ein Ort der Andacht geworden – und so lädt er meiner Meinung nach durchaus zu einer Art Wallfahrt ein.

Mit freundlichen Grüßen
Frank Muchlinsky

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