Pflege von Mensch und Tier

Gästin

Hallo!

Ich arbeite in einer kirchlichen Sozialstation, die jedes Jahr in ihrer Bilanz eine "rote Null" schreibt. Das soll sich nun ändern. Deshalb war nun ein Unternehmensberater im Haus und hat für die Mitarbeiterinnen eine Fortbildung abgehalten. Einer seiner Verbesserungsvorschläge war, dass man nicht nur die "große Pflege" "kleine Pflege" für die pflegebedürftige Person anbieten sollte, sondern auch für das Haustier, z. B. für den Hund: In die Badewanne stellen, shamponieren, kämmen, föhnen, Gassi gehen.....

Damit würden sich aber die Grenzen des Berufs der Krankenschwester oder der Altenpflegerin unmerklich auflösen. Der Berater meint: Wenn der Mensch leidet, dann leidet auch das Haustier.

Frage: Geht mich die Beziehung zwischen Mensch und Tier als Pflegekraft etwas an? Was ist, wenn der Hund Flöhe hat und ich diese Tierchen in den nächsten Haushalt mitbringe? Muss mein Arbeitsvertrag geändert werden?

Meine Frage ist kein schlechter Witz, sondern nackte Realität.

Liebe Gästin,

 

das darf nicht wahr sein! Der Vorschlag des Beraters ist inakzeptabel. Protest, Verweigerung  oder Arbeitgeber wechseln! So meine erste Reaktion.

Da ich im ersten Beruf  vor vielen  Jahrzehnten selber Krankenschwester war, ist die Vorstellung für mich vielleicht besonders befremdlich. Menschen- und Tierpflege sind zwar nicht generell unvereinbar. Allerdings finde ich es bedenklich, wenn hoch qualifizierte Fachleute eine Arbeit verrichten, für die sie a. bei dem hohen Arbeitsaufkommen keine Zeit  haben, die b. hygienisch ein Problem darstellt und die c. schlicht unter ihrem Niveau liegt. So meine ersten, spontanen Gedanken, als ich Ihre Frage las.

Meine Aufgabe sehe ich hier allerdings auch darin, ein Problem von mehreren Seiten zu beleuchten. Und besonders bei Punkt c. kam ein mulmiges Gefühl in mir hoch. Das war die Tierfreundin in mir, die mich fragt: haben nur Menschen das Recht auf qualitätsvolle Pflege? Hm...

 

Was ist zu tun? Die Idee finde ich auf den zweiten Blick vielleicht doch bedenkenswert, weil sie wirklich eine Dienstleistung darstellt, die gerade in Städten durchaus gebraucht werden kann.

Mein Tipp: Tierpflege sollte für die Gesundheits- und Krankenpflege absolut freiwillig sein und die Abläufe und Aufgaben klargeregelt werden. Der Zeitaufwand ist besonders durch das Gassi gehen immens höher und nicht jeder Krankenpfleger ist automatisch ein großer Tierfreund. Vielleicht macht dieser Gedanke ja einigen Kollegen  gar nichts aus und sie freuen sich auf die Abwechslung. Dann nur zu. Wenn allerdings jemand die zusätzliche Dienstleitung verweigert, sollte das ohne Murren vom Chef akzeptiert werden.

Oder Ihr Chef engagiert für einige Stunden ein/e TierpflegerIn, die die Arbeit mit den Haustieren übernimmt. Da sind wir beim nächsten Punkt: wie realistisch ist es, dass ein Kollege aus der Tierpflege oder eine qualifizierte  Tierfreundin dafür eingestellt werden kann? Sie schreiben, die rote Null soll weg, es geht also um Gewinn. Ein weiterer Arbeitnehmer kostet erst einmal.

 

Nun kommt die Beziehung zu Ihrem Arbeitgeber ins Spiel. Wollen Sie sie/ihn unterstützen und alles tun, damit Gewinn abfällt? Dann helfen Sie ihr/ ihm nach Kräften und bringen den Betrieb nach vorne, egal womit. Frei nach dem Motto: wir pflege alle. Handeln Sie Gewinnbeteiligung oder andere Vorteile aus, alles andere wäre Ausbeutung.

Oder sind Sie der Meinung, dass eine schwarze Null für alle ausreicht (inklusive aller Ausgaben des Arbeitgebers) und sehen die Wachstumsnotwendigkeit und Gewinnsteigerung gar nicht ein? Dann, liebe Heike, wechseln Sie den Arbeitgeber. Gute KrankenpflegerInnen werden überall gebraucht. Die Pflege braucht generell viel mehr Selbstbewusstsein, damit sie endlich die ihr zustehende Position bekommt in unserem Land.  Fangen Sie gerne noch heute damit an.

 

Ich wünsche Ihnen die richtige Entscheidung. Das gilt auch für Ihre Kolleginnen und Kollegen.

Herzlich

Ihre Heike Bauer- Banzhaf