Hallo Herr Muchlinsky oder Frau Löw!
Ich bin immer wieder in Diskussionen mit Menschen, die als Christen viel konservativer als ich sind. Ebenso bin ich es mit Menschen, die ein Herz für Gerechtigkeit für Arbeitslose oder unzureichend Bezahlte, für psychisch Beeinträchtigte haben...und deswegen meinen, Kirche ablehnen zu müssen. Paulus: Wer nicht arbeitet, soll nicht essen. Dies wird mir immer von meinen linken Kirchenkritikern vorgehalten. Ich sage dann immer: Das predigt heute kein Pfarrer mehr. Die ich kenne, predigen alle das Evangelium der Armen und Ausgegrenzten. Daraufhin wird gesagt: Aber die in der Kirche sitzen, hauen es dann ihren Mitbürgern vor der Kirche um die Ohren. Sie sagen, der Paulussatz würde die Arbeitslosen-Menschenfeindlichkeit befördern. Ich weiß, bei Paulus gab es keine gesättigten Arbeitsmärkte, es ging ihm nicht darum, beeinträchtige Menschen zu beschämen, sondern um Schwärmer an "irdische" Anforderungen zu erinnern. Ich fühle mich dann immer so ratlos, ich bin doch gerade links, weil ich Christin bin!. Oder auch: Ich bin doch Christin, weil ich für die Schwachen bin. Da wird doch Paulus nicht das glatte Gegenteil behaupten. Liebe Grüße - eine zwischen den Stühlen und m solche(mittlerweileBarmhmeinen als Mensch, dem Ausgegrenzte am Herzen liegen
Liebe Schreiberin,
aber wirklich: Sie haben Recht mit ihren Satzzeichen: "?!"
Also ich sage Ihnen jetzt mal ungeschützt: der gute Paulus war bei seinem Schreiben nicht immer auf der gleichen Höhe!
Es gibt absolut himmlische, geistliche und erhebende Aussagen von ihm und andere sind so: „na ja“
– So dieses Zitat mit dem „wenn jemand nicht will arbeiten, dann soll er auch nicht essen“ (2. Thess 3, 10).
Erst recht wird es sehr daneben, wenn man so ein Zitat aus seinem Kontext reißt, um irgendwas zu begründen oder zu widerlegen.
Liebe Schreiberin, Sie wissen es – es gibt x Gründe, warum Menschen nicht arbeiten. Wusste Paulus vielleicht nicht. Oder er will eben genau das sagen, was Sie erwähnen: Dass man nicht zu sehr schwärmen soll, sondern diesseits mit anpackt.
Das wissen wir heute: psychisch Beeinträchtigte – oder physisch Beeinträchtigte können einfach nicht so sehr arbeiten wie andere. (Überhaupt sollte man über den „Arbeits“ – Begriff auch noch mehr nachdenken….Was ist Arbeit? Was Arbeitslositkeit?)
Man kann Menschen, die beeinträchtigt sind doch nicht mit diesem Paulus-Zitat kommen – also: Das geht gar nicht.
Die Kirche übrigens bezieht sich nie auf dieses Bibelzitat. Das ist keines, auf dem wir uns als Kirche gründen würden!
Wir als Kirche sind auf der Seite der Schwachen und Benachteiligten. Und das dürfen Sie gerne auch so gegenüber Ihren linken Freunden kommunizieren.
Ich meine, wer Lust darauf hat, Kirche doof zu finden, wird da immer etwas finden. Aber lassen Sie sich deshalb bitte nicht kirre machen!
Sie haben nämlich sehr Recht: Das predigt heute kein Mensch mehr!
Ja, Paulus wollte sicher daran erinnern, anzupacken.
Z.B. zur Zeit bei der Flüchtlingshilfe.
Da sind wir als Kirche gefragt. Und was Gerechtigkeit und Arbeitsmarkt angeht auch - , erster und zweiter Arbeitsmarkt.
Sie haben Recht in Ihrem Gefühl – Sie sind Christin, weil Sie für Schwache eintreten!
Zwischen den Stühlen wünsche ich Ihnen ein gutes Kissen. Seien Sie stark ! Es muss kein schlechter Platz sein, so dazwischen. Bleiben Sie einfach sich selbst treu - und Ihrem Glauben.
Gott ist mit Ihnen.
Liebe Grüße,
Ihre Sabine Löw
P.S.: Das Schöne am Evangelischsein ist übrigens auch, dass man da einen wie Paulus auch kritisieren darf!