Lieber Herr Muchlinsky,
ich bin Mitglied in der ev. Landeskirche und das sehr gerne :)
Ich weiß auch, dass die Kirchensteuer zB. genutzt wird, um Pfarrer zu bezahlen (Gehalt) oder um Kirchen in Stand zu halten etc.
Nun bin ich aber vor einiger Zeit auf den "Zehnten" in der Bibel gestoßen.
Wenn ich das richtig verstehe, war der Zehnte eine gesetzliche Abgabe im AT an die Leviten oder der Zehnte wurde in Nahrung gegeben. Mir stellt sich nun die Frage, ob der Zehnte sozusagen die neue Kirchensteuer ist (Kirchensteuer sind ja 8-9 Prozent und nicht 10)?
Und ist man als heutiger Christ verpflichtet, jeden Monat den zehnten Teil seines Einkommens zu zahlen? Von Freikirchen hört man ab und zu so etwas.
Müsste ich dann jetzt noch jeden Monat zwei Prozent vom Einkommen spenden, damit die 10 Prozent erfüllt sind?
Oder ist man als Christ nicht dazu verpflichtet, jeden Monat 10 Prozent vom Einkommen zu spenden, damit man ein "guter Christ" ist? Es gibt ja auch manchmal Zeiten im Leben, da hat man nicht mega viel Geld und kann gar nicht spenden. Ist man dann ein "schlechter Christ"?
Danke für Ihre Antwort
Liebe Grüße
Liebe Anonym,
schön, dass Sie gern ein Teil unserer Kirche sind! Sie haben Recht. Im Alten Testament wird vom Zehnten berichtet, der eingeführt wurde, um Gott für seine Gaben zu danken und auch um die Leviten, also die Priester, zu ernähren, die selbst keinen anderen als ihren Priesterdienst tun sollten. Der Zehnte besteht dabei aus dem "Ertrag des Landes und von den Früchten der Bäume (…) von Rindern und Schafen, alles, was unter dem Hirtenstabe hindurchgeht." (3. Mose 27,30-32)
Die ersten Christinnen und Christen haben ihre Gemeinschaft auch finanziell betont. Man kann annehmen, dass sie zunächst in Gütergemeinschaft lebten. Auf jeden Fall schrieb Paulus bereits eindeutig, man solle die Gaben an die Gemeinde lieber freiwillig leisten: "Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb." (1. Korinther 9,7) Der Zehnte als Abgabe auf die eigene Ernte oder das eigene Einkommen hat sich allerdings lage gehalten und wurde immer wieder neu bestimmt und berechnet.
Die Kirchensteuer, auch da stimmen Ihre Angaben, beträgt nicht 10 sondern 8 oder 9 Prozent. Allerdings – und das ist ein wichtiger Punkt – sind das ohnehin 8 oder 9% der Einkommens- bzw. Lohnsteuer, nicht des gesamten Einkommens. Wir sind mit der Kirchensteuer also weit entfernt von einem Zehntel dessen, was wir einnehmen.
Auch die Freikirchen verlangen von ihren Mitgliedern nicht ein Zehntel ihres Einkommens als Spenden. Es gilt hier, dass man nach den eigenen Möglichkeiten und nach dem eigenen Gewissen das richtige Maß finden soll.
Und das kann ja auch für Sie gelten. Wenn Sie meinen, dass Sie genügend Geld haben, dass Sie davon etwas abgeben möchten, dann tun Sie das. Spenden Sie an kirchliche und an andere Organisationen, die Gutes tun. Hauptsache ist, wie Paulus schon sagte, dass Sie fröhlich dabei bleiben können.
Sehr herzliche Grüße
Frank Muchlinsky