Wie steht Gott zu Witzen über sich selbst?

Patrick Walser
Krippenspiel Darsteller posen mit Handy für witziges Selfie
© Getty Images/iStockphoto/Ramon Ivan Moreno Prieto

Ich mag witzige Personen wie Jürgen von der Lippe oder auch witzige Sendungen wie Family Guy. Und diese machen sich durchaus mal über Religionen lustig, eben auch über das Christentum. Zum Beispiel auch Jürgen von der Lippe, wenn er seine Figur Hochwürden darstellt. Aber wie sieht das die Kirche, wie die Bibel? Ist es gut oder schlecht, Witze auch über Religionen und über Gott zu machen?

Lieber Patrick,

Sie fragen, wie Gott zu Witzen steht. Darauf kann ich natürlich nicht antworten. Aber ich habe eine Vorstellung, in welche Richtung eine Antwort führt. In der Bibel wird von Sara erzählt. Ihr Leben lang hat sie sich ein Kind gewünscht, aber ihre Beziehung zu Abram blieb kinderlos. Als sie uralt ist, kommen Boten und kündigen - endlich - eine Geburt an. Sara kichert laut los, diese Nachricht ist für sie wie ein guter Witz. Und dann kommt der Sohn Isaak zur Welt. Sein Name deutet auf eine Portion Humor hin, denn übersetzt heißt das lang ersehnte Kind: "Gott hat mir ein Lachen zugerichtet." (1. Mose 21,6) Also, warum sollte Gott keinen Humor haben? 

Sie können davon ausgehen, dass die Geschichte, die Gott mit uns eingeht, mit solch überraschenden Momenten verbunden ist, in denen das Lachen nicht weit weg ist. Evangelium heißt übersetzt frohe Botschaft. Es lebt sich leichter mit einem Lachen. 

Viele Pfarrerinnen und Pfarrer suchen vor Ostern nach einem guten Osterwitz. Eine alte Tradition sieht vor, dass die Gemeinde am Ostersonntag in ein gemeinsames Osterlachen ausbricht. Der Tod hat seit Jesu Auferstehung ausgedient und wir, die Christinnen und Christen, lachen den Tod mit allen Kräften aus. Es gibt vorzügliche Osterwitze und in manchen Osterliedern hört man in dem Halleluja das Lachen der Gemeinde. Man veralbert den Tod. Es gibt viele Gründe, den Glauben aus einer humorfreien Vakuumverpackung herauszuholen. 

Wenn ich an Jürgen von der Lippe denke, dann erinnere ich dessen Erzähltempo, mit dem er sein Publikum so mitnimmt, dass er den Witz eigentlich nicht selbst erzählt, der Witz entsteht, während von der Lippe spricht, in der Zuhörerschaft. Er macht sich nicht über etwas lustig, sondern setzt die Pointe gemeinsam mit den Menschen im Saal. Ein Comedian hat mir erklärt, dass man "Luft an den Witz lassen" muss, dann stellen sich die Lacher wie von selbst ein. In einem unsichtbaren Spannungsfeld zwischen der witzerzählenden Person und der Zuhörerschaft bildet sich der Humor heraus und wird dann zum Gelächter. 

Mit einem Witz ist es wie mit dem Wort Gottes. Das Wort Gottes erschafft sich, wie das Lachen, seinen Resonanzraum in den Menschen. Manches Gleichnis Jesu ist wie ein guter Witz aufgebaut und mündet in einer Pointe, man hört, stockt, ist überrascht von der Botschaft und muss dann heftig nicken: Ja, so ist es.  

Es gibt Witze, die das Lachen ersticken, man sieht peinlich berührt zu Boden, zotige Worte, auch herabsetzende Pointen können Menschen verletzen und trotzdem lachen andere darüber. Das ist billig und richtet sich gegen Menschen, die eigentlich ja unsere Nächsten sind. Zu gutem Humor gehört eine gewisse Leichtigkeit, und etwas Eleganz kann - auch bei der Wahl der Pointen - nie schaden. Ein Witz wirbt ja um das gemeinsame Lachen und soll nicht vor den Kopf stoßen. Gute Witze verbinden Menschen im Lachen, schlechte Witze lachen andere Menschen, deren Gefühle, Religionen, Gott aus, verspotten sie. 

"Die Simpsons sind doch nicht lustig", sagte eins unserer damaligen Schulkinder eines Tages und stellte das Programm für immer ab. Ich hatte diesen Humor nie verstanden, aber diese Serien waren für unsere Familie lange Zeit Programm und waren dann plötzlich für immer abgeschlossen. Ich muss ja nicht lustig finden, was alle anderen zum Lachen bringt. Gott, so stelle ich ihn mir vor, lächelt milde, auch über schlechte Witze. Nur bei Beleidigungen und wenn Menschen, ihr Glaube an Gott verächtlich gemacht, Gefühle verletzt werden, dann hat das mit gutem Humor nichts mehr zu tun. 

Ich grüße Sie und hoffe, dass Sie Humor bewahren.

Ihr Henning Kiene 

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