Hallo, stimmt es, dass die Urgemeinde ursprünglich sich gar nicht Christen nannten sondern Juden waren? Stimmt es, dass diese Christenbewegung erst mit St. Stefan so richtig anfing? War es nicht in Antiocha wo das entschieden werden sollte, welche Strömungen nun sich durchsetzen sollten? Hat St. Simeon von Jerusalem, der zweite Bischof der Urgemeinde, diese neue Bewegung in der Urgemeinde kritisch gesehen, da wichtiges jüdisches konstitutionelles Gesetz verletzt wurde? War Paul der Apostel einer der striktesten Verfechter der neuen Christenbewegung in der Urgemeinde?
Lieber Henning,
das sind lauter interessante Fragen zu den frühen Tagen der christlichen Gemeinden. Mich würde eigentlich interessieren, wie Du auf diese Fragen kommst. Stellen sie sich Dir in Predigten, die Du hörst, oder aus Deiner eigenen Bibellektüre?
Ich würde alle Deine Fragen mit ja beantworten, allerdings vielleicht nicht in der Schärfe, wie Du es formulierst.
Jesus, im Judentum aufgewachsen, selbst hat in vielem an jüdische Traditionen angeknüpft und hat sie doch neu gedeutet. Beispiele sind das Pessachfest (das letzte Abendmahl) oder die Auslegung der Gebote („Ihr habt gehört, dass euch gesagt ist…ich aber sage euch“).
Im Urchristentum kamen zwei Strömungen zusammen: Judenchristen – also Christen, die in der jüdischen Tradition aufgewachsen waren und ihr nach wie vor verbunden waren – und Heidenchristen – die nicht im Judentum verwurzelt waren, wie die griechischen Christen. Die Differenzen zwischen beiden Richtungen spiegeln sich in den biblischen Texten wider. Dennoch ist es nicht richtig, die ersten Judenchristen als Juden zu bezeichnen, da sie an Jesus Christus glaubten und sich damit abhoben vom Judentum, das sie umgab. „Christen“ wiederum ist eine Fremdbezeichung. Also, wie so oft, liegt die Wahrheit mit Blick auf die Judenchristen dazwischen.
Für die Entwicklung des Urchristentum außerhalb der jüdischen Tradition war Paulus eine wesentliche Gestalt: er hatte seine Begegnung mit Christus (1Kor 15,8) als Beauftragung zur Mission unter den Heiden verstanden.
In Antiochia sammelten sich nach dem Tod von Stephanus (Apostelgeschichte 7,54-60) die Griechisch sprechenden Christen, die Jerusalem verlassen mussten (Apostelgeschichte 8,1-13). So entstand die erste christliche Gemeinde, die von der Synagoge unabhängig war.
Mit herzlichen Grüßen
Deine Pfarrerin Pamela Barke