Kann man Gott zu Unrecht danken?

Susanne

Hallo,

ich habe eine Frage: Neulich hätte mich beinahe ein Auto überfahren, und da habe ich spontan und ehrlich Gott danken wollen, weil es nicht passiert ist!

Danach habe ich mich aber gefragt, ob man Gott im Prinzip „zu Unrecht“ danken kann? Ich denke, es gibt Antworten dazu in der christl. Tradition, ich erinnere mich nur gerade nicht mehr oder sehe nicht klar. Würde ich annehmen, alles in der Welt geschähe irgendwie nach Gottes Plan oder aber zumindest in einer konjunktivischen Variante, dass es so sein könnte, dann kann ich im Leid – Stw. Theodizee – ja trotzdem bei ihm Hilfe suchen, auch, wenn ich den Eindruck hätte, ich hätte Strafe (ob irdische oder ob sie gar von Gott wäre, kann man nicht wissen und nicht sicher behaupten) bekommen. Andersherum im Glück kann ich annehmen, wenn ich ihn um etwas bitte und er erfüllt diese Bitte, dass ich ihm dafür danken kann. Aber ihm dafür danken, dass mich das Auto nicht überfahren hat, kann ich nur, wenn ich annehme, dass er dafür verantwortlich ist, oder? Grundsätzlich ist mir auch klar, dass Gott dem hilft, der sich selbst hilft... aber wie soll man das nun, siehe oben, gedanklich vereinbaren? Gibt es eine Bibelstelle, die mein Problem löst?

Liebe Grüße und vielen lieben Dank! (Und danke für diese Plattform hier!)

Liebe Susanne,

wie schön, dass Sie das Auto nicht überfahren hat! Gott sei Dank! Dieser Ausruf kommt uns ganz leicht über die Lippen, und meist ist er einfach ein Stoßseufzer, der nicht viel mehr bedeuten muss als Erleichterung. Aber in Ihrem Fall ist es eben mehr: Wie Sie schreiben: Sie wollten Gott ganz ehrlich „Danke“ sagen. Gläubige Menschen können Gott für alles danken, was er ihnen schenkt – für die Bewahrung vor Not zum Beispiel. In den Psalmen gibt es eine große Menge solcher Gebete. Eines der schönsten ist (meiner Meinung nach) der 121. Psalm

Quote: Psalm 121

Ein Wallfahrtslied. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe?

Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.

Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.

Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht.

Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand,

dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts.

Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.

Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!

Und wenn Unglück geschieht, kann der gläubige Mensch sich natürlich ebenfalls an Gott wenden. Er ist nicht gezwungen, die Existenz eines gerechten Gottes gleich infrage zu stellen. Hiob sagt nach den ersten Unglücken, die ihm widerfahren: (Hiob 1,21): „Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ Für Hiob ist klar, dass die Menschen alles, also Gutes wie Schlechtes, von Gott empfangen. Später klagt er seinen Freunden gegenüber und nicht zuletzt Gott selbst gegenüber sein Leid. Er ist also nicht etwa stumm im Leid und laut im Lob. Er erlaubt sich beides. Und das ist, was ich als heilsamen Glauben bezeichnen möchte: Lobe Gott für seine Wohltat und klage ihm in der Zeit der Not. Für beides hat er offene Ohren. Gott hat uns nicht versprochen, dass wir niemals Leid erfahren müssen (auch wenn in Ps 121 der Beter ganz fest von Gottes Schutz überzeigt ist), aber er hat versprochen, dass er bei uns ist – in der Freude wie im Leid.

Ich weiß nicht, ob Gott selbst dafür gesorgt hat, dass das Auto Sie nicht überfahren hat. Wenn Sie aber durch Ihre Erlebnis den Impuls haben, Gott dafür zu danken, dass Sie leben, dann sollten Sie sich davon nicht abhalten lassen. Wie gesagt, ein Grund zum freuen! Gott sei Dank!

Ihr Frank Muchlinsky