Allversöhnung?

Philipp Hassel

Ich habe in letzter Zeit von mehreren evangelischen Pfarrern gehört, die ganz offen sagen, dass sie nicht an eine Hölle glauben. Wenn also alle in den Himmel kommen, wieso sollte ich dann ein anständiges Leben führen und Rücksicht auf andere nehmen, anstatt zu machen was ich will, egal was das für andere bedeutet? Wozu brauche ich dann die evangelische Kirche?

Lieber Herr Hassel,

es stimmt: Die Idee einer Allversöhnung setzt sich langsam immer mehr in der evangelischen Kirche durch. Wer das brandmarken möchte, nennt es „Zeitgeist“, wer sich aber eine Weile mit der Idee beschäftigt, kann unter Umständen zu dem Schluss gelangen, dass diese Vorstellung sozusagen eine konsequente Weiterführung des Protestantismus ist. Wenn nichts, das wir tun, uns Gottes Wohlwollen bringen kann, können wir allein auf Gottes Gnade vertrauen. Wenn wir aber auf die Gnade vertrauen, können wir Gott nicht vorschreiben, nach menschlichen Maßstäben zu verfahren und zu richten. Denn in dem Fall würden wir Gott klein machen. Wenn der Richter, auf den wir warten, Jesus Christus ist, dann können wir damit rechnen, dass er sich der ganzen Welt erbarmt, wenn es ihm gefällt.

Ich sage nicht, dass wir uns darauf ausruhen sollten oder auch nur, dass wir uns darauf verlasen sollen. Aber es ist eine Möglichkeit, und ich kann verstehen, wenn Menschen sich an Jesus Christus wenden und genau darum bitten: Versöhne uns alle mit Gott!

Man braucht doch keine Strafandrohung, um zu tun, was von uns verlangt ist. Wer Gottes tut, liebt! Und wer hofft, dass Gott sich uns so zugewandt hat, dass wir uns nicht abstrampeln müssen zu gefallen, kann aus Liebe das Richtige tun. Das ist ein ausgesprochen evangelischer Gedanke. Und dafür braucht es meiner Meinung nach die evangelische Kirche: Das immer wieder zu verkünden.

Wenn Sie mögen. lesen Sie auch meine Antwort an unsere Userin Kathrin zu diesem Thema.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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