Gibt es eine Hölle?

Kathrin
Schuhe stehen auf dem Boden mit aus Kreide gemaltem bösem und gutem Smiley
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Hallo Herr Muchlinsky,
im Freundeskreis haben wir über die Vorstellung der Hölle diskutiert. Ich vertrete die Meinung, dass ich mein Leben so ausrichte, wie es mit meinem christlichen Menschenbild vereinbar ist. Ich mache mir keine Sorgen darüber, ob ich in die Hölle komme, sondern vertraue auf die Liebe Gottes und darauf, dass er es gut mit uns meint. Der Einwand meiner Freundinnen: ich würde mir nur die Rosinen rauspicken... Was ist mit den Menschen, die Böses tun, fragen meine Freundinnen... Ich denke hierzu, dass Gott auch ihnen mit dem Angebot der Versöhnung begegnet und dass in der Konsequenz niemand in die Hölle kommt. Ich wehre mich dagegen, dass es ein Gut und ein Böse gibt ... eine rechte Tür zum Himmel und eine linke zur Hölle.
Stehe ich mit meiner Meinung allein??? Ist sie aus protestantischer Sicht zu rechtfertigen???

Besten Dank für Ihre Antwort. Ich freue mich.
Herzliche Grüße Kathrin.

Liebe Kathrin,

Die Diskussion, die Sie da mit Ihren Freundinnen führen, ist dieselbe, wie sie die Kirche immer wieder führt. Das Problem ist, dass es in der Bibel, also in der Grundlage unseres Glaubens, unterschiedliche Aussagen zu diesem Thema gibt. Es gibt ausgesprochen deutliche Worte von Jesus, die sagen, dass es am Ende der Zeit eine klare Trennung geben wird zwischen gerettet und verdammt. Ein sehr deutliches Beispiel ist die Rede in Matthäus 25, 31-46 Da wird das Weltgericht beschrieben, wo eindeutig zwischen "Schafen" und "Böcken" geschieden wird. Andererseits gibt es auch Stellen, die für eine "Allversöhnung" sprechen, also dafür, dass Gott restlos allen Menschen durch seinen Sohn Jesus Christus verzeiht. Hier kann man zum Beispiel Kolosser 1,15-20 heranziehen, wo es unter anderem heißt: "Denn es hat Gott wohlgefallen, dass in ihm alle Fülle wohnen sollte und er durch ihn alles mit sich versöhnte, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz." Mit anderen Worten: Das, was Gott getan hat – nämlich sich mit allen zu versöhnen – gilt eben auch für wirklich alle Menschen.

Sie stehen also durchaus nicht allein mit Ihrer Meinung. Und auch Ihre Freundinnen haben viele andere, die derselben Meinung sind. Über die Frage wird gestritten, seit es die Kirche gibt, und man ist sich mittlerweile darüber einig, dass es vor allem auf das Gericht ankommt und nicht so sehr auf den Urteilsspruch. Das soll heißen: Christinnen und Christen glauben daran, dass wir uns am Ende aller Zeit vor unserem Gott stehen werden und für unser Leben Rechenschaft ablegen müssen – das Jüngste Gericht, also. Da niemand dort wirklich ganz ohne Sünden erscheinen wird, bleibt die Frage, was die Konsequenzen sind. Ich stelle es mir so vor, dass wir verstehen werden, was wir falsch gemacht haben und zwar auf eine Weise verstehen, die weit über das hinausgeht, was unser Verstand schafft. Vielleicht kennen Sie das ansatzweise aus Ihrem Leben, dass Sie sich so in jemanden hineinversetzen können, dass Sie beinahe spüre, was er oder sie gerade fühlt. Wenn das geschieht im Jüngsten Gericht, wenn wir tatsächlich vollständige fühlen und begreifen können, was unsere Handlungen ausgelöst haben, dann braucht es keine Trennung mehr.

Sie merken, persönlich bin ich also "auf Ihrer Seite" in dieser Diskussion, allerdings würde das natürlich auch bedeuten, dass wir nach dem Jüngsten Gericht auch die schlimmsten Verbrecher wiedersehen würden. Das ist für viele Menschen eine furchtbare Vorstellung.

Ich wünsche Ihnen weiterhin eine spannende Diskussion. Vielleicht haben Sie Lust, noch ein Gespräch zu diesem Thema zwischen mir und meinem Kollegen Claudius Grigat anzuhören. Dann klicken Sie gern hier.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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