Hallo zusammen, ich habe eine Frage zu dem häufig genutzten Begriff "Reich Gottes". Was bedeutet das aus Eurer Sicht? Und wie kann man die Formel Reich Gottes "im Gleichnis als Gleichnis" verstehen? Vielen Dank schonmal, ich bin gespannt auf eure Antwort. Liebe Grüße Mia
Liebe Mia,
Du hast Recht: "das Reich Gottes" spielt gerade im Neuen Testament eine große Rolle. Heute ist nicht mehr automatisch klar, was damit gemeint ist.
Wo ein Reich ist, das ist normalerweise auch ein König. Und so ist es auch in der Bibel: Wenn da vom Reich Gottes gesprochen wird, dann steckt dahinter die Annahme, dass Gott König ist. Dass Gott der oberste Herrscher der Welt ist und alle Könige sich ihm unterordnen müssen. Gerade in den Psalmen wird Gott oft als König besungen - er unterscheidet sich durch die weltlichen Machthaber durch seine Gerechtigkeit und den Frieden, den er bringen wird. Und immer wieder gibt es im Alten Testament die Hoffnung, dass irgendwann alle Könige dieser Welt sich Gott als König unterordnen und Gott für Frieden und Gerechtigkeit sorgt.
Wenn nun Jesus im NT viel von Gottes kommendem Reich spricht, dann liegt diese Vorstellung von Gott als König zu Grunde. In Jesus Worten und Taten wird deutlich, dass auch er sich dieses Reich und die Herrschaft Gottes anders vorstellt: Er trinkt und isst mit denen, die sonst niemand an seinem Tisch haben will, er macht Menschen heil und sorgt dafür, dass sie wieder an der Gemeinschaft teilhaben können. Er spricht von einer anderen Gerechtigkeit und davon, dass die Barmherzigen, die Leidtragenden, die Friedensstifter in diesem Reich glücklich sein werden.
Das Besondere, wenn Jesus vom Reich Gottes spricht: Es ist nicht etwas, dass erst im Jenseits auf die Menschen wartet. Gottes Herrschaft beginnt nicht nach dem Ende der Welt, sondern hat schon begonnen. Theolog:innen nutzen oft die beiden Ausdrücke "noch nicht" und "schon jetzt" um das näher zu beschreiben. Das Reich Gottes hat schon jetzt begonnen, überall dort, wo Menschen von Gottes Liebe erfüllt sind, einander lieben und nach Gottes Geboten leben. Gleichzeitig ist das Reich Gottes noch nicht vollständig da. Oft ist es nur zu erahnen und in einer Welt voller Gewalt und Ungerechtigkeit nicht gut zu sehen.
Der Ausdruck "Gleichnis im Gleichnis" ist mir nicht geläufig. Nach meinem Verständnis geht es aber darum, dass die Gleichnisse oft versuchen das Reich Gottes zu beschreiben. Dabei ist das Reich Gottes selbst so etwas wie ein Gleichnis. Die Art und Weise, wie Gottes Handeln und Wirken jetzt und in Zukunft erfahren wird, wird mit der menschlichen Form von Herrschaft verglichen, also dem "Reich". Dabei ist natürlich klar, dass Gottes Welt kein wirkliches Königreich, wie die Menschen es kennen, sein wird. Insofern könnte man von einem Gleichnis im Gleichnis sprechen.
Ganz liebe Grüße!
Pfarrer Felix Weise