Hallo,
wir leben in einem fast rein katholischen Dorf und arbeiten beide ehrenamtlich (bzw. ich als Lehrerin auch beruflich) für die Kirche. Leider für verschiedene ;-(. Mein Mann hat bereits vor unserer Hochzeit einer evang. Taufe zugestimmt (dafür haben wir seinen Namen gewählt). Nun haben meine Schwiegereltern damit ein riesen Problem, da 1. ihr Enkel nicht von Maria begleitet wird, 2. keinen Schutzheiligen hat, 3. niemals den Leib Christi erhält (ich weiß um den Unterschied zwischen Realpräsenz und Wandlung, aber offenbar wird davon ausgegangen, dass ein nichtgeweihter Priester keiner Kommunion vorstehen kann), 4. niemals ministriert/Sternsingt und damit im Dorf ausgeschlossen ist. Ihr Argument war auch, meinen Eltern würde eine katholische Taufe nichts ausmachen, da sie weiter weg wohnen, ihnen aber eine evangelische schon.
Ich habe meine Schwiegereltern sehr gern und schätze sie sehr, sie sind wichtige Bezugspersonen für mich und unterstützen mich mit Kind wo sie können. Dennoch halte ich es für falsch, in diesem Punkt nachzugeben, zumal mein Mann inzwischen die Amtskirche (wie wohl alle Katholiken in meinem Alter) heftig kritisiert. Ich befürchte mein Schwiegervater hat noch von seinem Pfarrer erzählt bekommen, die Protestanten hätten die Kirche Jesu Christi verraten oder ähnliches. Ich weiß nicht, was ich machen soll, eine rationale Diskussion scheint nicht möglich zu sein, aber um des lieben Frieden willens will ich nicht nachgeben. Ich weiß, dass Sie nicht wirklich für uns entscheiden können, aber vielleicht haben Sie einen Tipp?
Liebe Isabel,
mit der Taufe Ihres Kindes verbinden sich für Sie viele Fragen: Zunächst steht die theologische Frage im Raum, welche Folgen die Beheimatung in der einen oder anderen Konfession bedeutet. Dann interessiert Sie, welche Folgen dies für das Aufwachsen Ihres Kindes in der Dorfgemeinschaft hat, und schließlich, was das für die Dynamik durch die Generationen Ihrer Familie bedeutet.
Verstanden habe ich, dass Sie die evangelische Taufe Ihres Kindes als Ehepaar schon lange besprochen haben, da Sie damit einen Teil Ihrer (religiösen) Identität weitergeben, so wie Ihr Ehemann den Namen als identitätsstiftendes Zeichen in Ihre Familie eingebracht hat. Was die Taufe angeht, verhält es sich so, dass beide großen Kirchen in Deutschland sie untereinander anerkennen, so dass eine evangelische Taufe nicht per se bedeuten muss, von den Ausdrucksformen der anderen Konfession nicht lernen zu dürfen - und umgekehrt.
Aus meiner Erfahrung stellt es für Kinder in Diasporasituationen, also dort, wo eine Konfession mehrheitlich überwiegt, kein Problem dar, an religiösen Gemeinschaftserfahrungen der Mehrheitskonfession wie Sternsingen etc. teilzunehmen. Im Gegenteil kann es so möglich sein, mit dem Reichtum religiöser Schätze beider Konfessionen leben zu lernen. Auch wenn Ihr Kind evangelisch getauft ist, bleiben die Großeltern ja wichtige Bezugspersonen, auch und gerade mit dem, was sie von ihrem Glauben zu erzählen haben. In der Liturgie der Kirche sind es Eltern und PatInnen, die die religiöse Erziehung des Kindes versprechen. Sie treffen schließlich die Enscheidung über die Taufkonfession.
Möglicherweise geht es Ihren Schwiegereltern bei der Taufe des Enkels auch um die öffentliche Repräsentation im Gottesdienst. An dieser Stelle könnten Sie überlegen, ob Sie sich eine Mitwirkung der/ aller Großeltern im Gottesdienst vorstellen können und dies gemeinsam mit Ihrem Pfarrer oder Ihrer Pfarrerin besprechen. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, den Täufling in einem großen Leintuch gemeinsam zu tragen und zu wiegen, als Zeichen dafür, wie wir Menschen an Gottes beschützendem und bewahrenden Handeln Anteil haben. In dieser oder einer ähnlichen Geste wäre ganz sinnfällig, dass die religiöse Erziehung Ihres Sohnes ein Anliegen ist, das Sie verbindet und bei dem die Gemeinsamkeiten konfessionelle Unterschiede bei weitem überwiegen.
Letztlich wird für die spätere Haltung Ihres Kindes entscheidend sein, wie Sie Erwachsenen sich zum bereits vorhandenen Miteinander der Konfessionen in Ihrer Familie verhalten. Sollte es bei den Interventionen der Großelterngeneration allerdings vorrangig darum gehen, wer sich durchsetzt, sollten Sie deutlich machen, dass Sie als Eltern gemeinsam mit den Paten die Entscheidung über die Taufkonfession treffen und verantworten.
Herzlich grüßt
Ihre Friederike Erichsen-Wendt