Sehr geehrter Herr Pastor Muchlinsky,
ich möchte wissen, ob ein Pfarrer verbieten darf, dass man sich zur Gemeindekirchenratswahl aufstellen lässt. Ich arbeite seit 2003 im GKR mit und habe mir nichts zu Schulden kommen lassen.
Besonders habe ich mich immer für den baulichen Erhalt unseres Kirchengebäudes und der geistlichen Belebung unserer Gemeinde eingesetzt. Unsere Gemeinde gehört einem Pfarrsprengel an. Unserem Pfarrer bin ich zu unbequem, denn andere Meinungen lässt er kaum zu.
Ich möchte aber nicht aufgeben. Mir geht es hier auch nur um die Beantwortung der rechtlichen Lage. Vielen Dank!
MfG u. Gottes Segen für Sie Rotraud
Liebe Rotraud,
leider haben Sie mir nicht geschrieben, zu welcher Landeskirche Sie gehören. Ich schreibe Ihnen darum eine Antwort, die sich auf die Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland bezieht, wo in diesem Jahr Gemeindekirchenratswahlen stattfinden. In Kurhessen-Waldeck finden zwar auch Wahlen in diesem Jahr statt, aber dort spricht man vom Kirchenvorstand. Ich bitte Sie also darum zu beachten, dass ich Ihnen keine verbindliche Rechtsauskunft geben kann.
In der Verfassung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland steht in Artikel 25, Absatz 4, wer alles in den Gemeindekirchenrat gewählt werden kann:
Artikel 25
(4) Zum Kirchenältesten gewählt oder berufen werden kann jedes wahlberechtigte Gemeindeglied, das am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet hat, seit mindestens sechs Monaten der Kirchengemeinde angehört, am Leben der Kirchengemeinde teilnimmt, nicht wegen eines kirchlichen Anstellungsverhältnisses durch Kirchengesetz von der Wählbarkeit ausgeschlossen ist und dem die Wählbarkeit nicht nach Artikel 29 Abs. 2 Satz 2 entzogen worden ist.
Wie Sie sehen, gibt es nur eine Ausnahme, dass jemand nicht kandidieren darf, die wie folgt beschrieben wird:
Artikel 29
Pflichtverletzungen des Gemeindekirchenrates oder von Kirchenältesten
(1) Wenn ein Gemeindekirchenrat die Erfüllung seiner Pflichten beharrlich vernachlässigt oder verweigert, kann er im Benehmen mit dem Kreiskirchenrat durch das Landeskirchenamt aufgelöst werden.
(2) Wegen Pflichtversäumnissen oder unwürdigen Verhaltens kann der Kreiskirchenrat Kirchenältesten eine Ermahnung erteilen, in schweren Fällen das Mandat entziehen. Er kann ihnen für die nächstfolgende Wahlperiode die Wählbarkeit zu Organen der kirchlichen Selbstverwaltung entziehen.
Gegen die Entscheidungen des Kreiskirchenrates ist Beschwerde beim Landeskirchenamt zulässig.
Wenn Sie also Mitglied der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sind und Ihnen nicht auf diesem Wege die Wählbarkeit aberkannt wurde, kann ich mir nicht denken, dass Ihr Pfarrer Ihnen verbieten kann zu kandidieren.
Ich nehme an, dass die Regelungen zu den Wahlen und einem eventuellen Ausschluss in den anderen Landeskirchen ähnlich geregelt sind, bitte Sie allerdings, gegebenenfalls selbst einmal nachzuschauen, was in der Verfassung Ihrer Landeskirche dazu steht.
Ich möchte auch noch zu bedenken geben, dass Sie sich mit Ihrem Pfarrer im Gemeindekirchenrat ja vor allem verständigen können sollten. Ob das überhaupt möglich ist, sollten Sie beide darum möglichst im Vorwege klären.
Mit freundlichen Grüßen