Hallo Frau Erichsen-Wendt, in der Bibel steht das "Vater unser" bei Matthäus 6,9-13. Und so, wie es dort steht, beten wir dieses Gebet im evangelischen Gottesdienst. Die Katholiken beten das "Vater unser" so wie wir, bis zu der Bitte: ".......Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen." Nach dieser Bitte macht die Gemeinde beim Beten eine Pause und der Priester spricht alleine weiter, mit den Worten: "Erlöse uns Herr, allmächtiger Vater, von allem Bösen und gib Frieden in unseren Tagen. Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten." Danach betet die Gemeinde weiter, mit dem Schlußvers: "Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen!" Nun zu meinen Fragen: Warum spricht der Priester diesen Zusatz zum "Vater unser?" Was hat dieser Zusatz zu bedeuten? Enthält das Gebet, so wie Jesus es uns zu beten gelehrt hat, nicht bereits alle Bitten, die wir an Gott richten können? Wo hat der Zusatz seinen Ursprung? Steht er in der Bibel? Ist er von Menschen frei erdacht?....... Auf Ihre Antwort bin ich sehr gespannt. Herzlicher Grüße Susanne
Liebe Susanne,
danke für diese Frage. Darüber habe ich selbst noch nie nachgedacht. So geht einem das dann, wenn wir auf "evangelisch.de" Fragen zum römisch-katholischen Gottesdienst gestellt bekommen. Deshalb habe ich die Frage an einen katholischen Kollegen weitergeleitet, der mir Folgendes dazu schreibt:
Ursprünglich wurde in der katholischen Liturgie und Frömmigkeit das Vater unser immer ohne den Anschluss "Denn dein..." gebetet, also so, wie es zunächst im Matthäusevangelium überliefert ist und bis heute in der Einheitsübersetzung steht. Mit der Liturgiereform im II. Vatikanischen Konzil wurde der sogenannte "evangelische Abschluss" (also: "Denn dein...") in die Messe eingefügt. So ist der "Einschub" eigentlich kein Einschub, weil das Vater unser nicht unterbrochen wird. Dieses Gebet am Ende des Vater unser stammt von Gregor dem Großen und ist eine Bitte um den Frieden in der Welt und den Frieden unter den Völkern. Inhaltlich schließt sie sich an an die Vater-unser-Bitte um Vergebung "Wie auch wir vergeben...".
Eine kurze Erklärung findet sich z.B. in Theodor Schnitzler: Was die Messe bedeutet.
Freundlich grüßt
Ihre Friederike Erichsen-Wendt