Geschlechtergetrennter Konfiunterricht?

Gästin

Lieber Herr Muchlinsky,

Jungs (= Rüpel oder die Schüchternen)
+
Mädchen (=Zicken oder die Stillen)

sollen im Konfirmanden-Unterricht getrennt werden. Das hat der Pfarrer + die Pfarrerin beschlossen.

Meine Tochter ist total entsetzt und wollte wissen, ob Konfi im Kloster stattfindet!

Alsooo, ich fänd`s ebenfalls total langweilig ohne Jungs!

Eine Konfi-Klasse ohne Mädchen? Das hält ja kein Junge aus!

Frauen in (so genannten) Männerberufen, und Männer die Kinder erziehen etc., zeigen, dass sich die Geschlechter nicht mehr in typische Rollen festlegen lassen.

Meine Tochter und ich finden diese geplante Trennung, schlicht und einfach: Käse!

Blöd finde ich auch die Trennungen bei evangelischen Angeboten, wie "Jungschar" + "Mädchenkreis".......
Wo leben wir eigentlich?

Kommt als nächstes wieder Rassentrennung und Trennung nach ethnischer Herkunft? Eben nur aus dem einen Grund heraus, weil manche als Störenfriede und Draufgänger gesehen werden und andere als die Stillen (und stets zu kurz kommenden) Ausgestossenen?

Ich meine, der gemischte Konfi-Unterricht ist doch auch eine hervorragende Konfliktbewältigungsvorbereitung fürs reale Leben, oder?

Frage: Wird es innerhalb der Evangelischen Kirche noch so weit kommen, dass Mädchen/Frauen einen abgegrenzten Bereich in der Kirche erhalten - und getrennt beten müssen?

Möglicherweise werden künftig auch noch biblische Geschichten verfremdet, alias "Die verlorene Tochter"!

Auf welchem Diskriminierungs Tripp befindet sich eigentlich die evangelische Kirche?

 

Liebe Gästin,

 

Sie nutzen scharfe Worte, um Ihr Anliegen zu beschreiben. Ich möchte mir erlauben, Ihre Vermutungen, was alles demnächst Schreckliches an Trennung in der evangelischen Kirche geschehen wird, als polemische Zuspitzung lächelnd hinzunehmen. Selbstredend wird die Kirche keine der von Ihnen befürchteten Wendungen nehmen.

Aber nun zu Ihrem eigentlichen Anliegen. Man kann sicherlich unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob Konfirmandenunterricht nach Geschlechtern getrennt stattfinden sollte oder nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Ihre Tochter die Vorstellung ausgesprochen langweilig findet, nur mit anderen Mädchen im Konfiunterricht zu sein. Auch die Assoziation mit einem Kloster kann ich nachvollziehen. Aber es gibt auch gute Gründe dafür, die Mädchen und die Jungs unter sich sein zu lassen.

 

Jugendliche im Konfi-Alter haben die Neigung, sich vor dem anderen Geschlecht zu präsentieren. Das wollen wir ihnen nicht absprechen, denn so ist der Gang der Natur. Aber leider ist diese Neigung für einen Unterricht, in dem man sich eben nicht durch besonderen Coolness oder besonderen Augenaufschlag hervortun sollte. Im Konfiunterricht werden – das liegt eben in dessen Natur – persönliche Themen behandelt. Der eigene Glaube wird angeschaut, und das wird häufig als "peinlich" empfunden. Das Gefühl von Peinlichkeit steigt, wenn man das Gefühl hat, eigentlich doch möglichst gut rüberkommen zu wollen. Ich könnte mir vorstellen, dass man durch einen geschlechtergetrennten Konfiunterricht das Gegickel und das Gegockel um 50% senken könnte.

Sicherlich kann andererseits der Konfiunterricht wohl auch dazu beitragen, Konflikte (auch zwischen den Geschlechtern) meistern zu lernen. Die Frage muss aber gestattet sein, ob das das primäre Lernziel sein soll. Vielleicht können Sie und Ihre Tochter sich einfach auf diese Art des Unterrichts wie auf ein Experiment einlassen. Es gibt sicherlich einiges Spannendes zu entdecken, wenn man mal nicht darauf achten muss, was die Jungs über einen denken (und für die Jungs gilt bestimmt das gleiche bezüglich ihres Eindrucks auf die Mädchen).

 

Und wenn das alles so gar nicht ihne Jungs gehen sollte, ist Ihr Pfarrer sicherlich bereit, mit Ihnen ein ernsthaftes Gespräch zu führen. Wie gesagt, er hat mit Sicherheit nicht vor, ein Apartheitsregime einzuführen.

 

Mit herzlichem Gruß

Frank Muchlinsky