Lieber Herr Muchlinsky,
heute habe ich erfahren, dass der Vater unserer Krippenspiel-Maria (13 J.) verstorben ist. Ich habe sie erst über das Krippenspiel kennen gelernt. Wenn ich sie nun besuche, wie nehme ich ihr den Zorn auf Gott, der mit Sicherheit kommen wird? Sie ist nicht getauft, hat aber m.E. ein offenes Herz. Ich hätte ihr gern Gottes Liebe nahe gebracht, Aber das ist in dieser Situation wohl sehr schwer.
Oder soll ich besser gar nicht von Ihm reden? Wie redet man zu trauernden Kindern über Gott?
Liebe Paloma,
Danke, dass Sie sich mit Ihrer Frage an mich wenden. Ich kann Ihre Verunsicherung gut verstehen. Zunächst einmal möchte ich Ihnen meinen Respekt ausdrücken, dass Sie gleich daran denken, die Tochter des Verstorbenen zu besuchen. Genau darin zeigen Sie Ihrer "Maria", was sie von Gottes Liebe erwarten kann, nämlich liebevolle Begleitung. Zeigen Sie ihr – so, wie Sie vorhaben –, dass Sie da sind.
Ich weiß nicht, ob das Mädchen Zorn auf Gott empfindet, weil ihr Vater gestorben ist. Ich weiß erst recht nicht, wie groß dieser Zorn wohl ist, wenn sie ihn hat. Aber ich weiß, dass es genau das Richtige ist, wenn Sie als gläubige Christin diesen Zorn des Mädchens aushalten. Vielleicht teilen Sie ihn ja sogar ein wenig. Sie fragen, wie sie ihr den Zorn nehmen sollen, und ich rate Ihnen: Gar nicht! Gott hält das aus, wenn man zornig mit ihm ist. Wenn einem mit 13 Jahren der Vater abhandenkommt, möchte man nicht s hören, das einen beruhigt. Man möchte in der eigenen Trauer und vielleicht in der Wut und Hilflosigkeit ernst genommen werden.
Sie fragen auch, ob Sie das Thema Gott den aufbringen sollten in ihrem Gespräch. Ich sage dazu: Spitzen Sie einfach die Ohren für das, was Ihre "Maria" sagt. Sie will bestimmt keine fertigen Glaubensaussagen von Ihnen hören, sondern wenn, will sie von Ihrem eigenen Glauben erfahren – vielleicht auch mit ihm ringen. Wie gesagt: Dass Sie auftauchen und teilhaben an ihrem Kummer, ist die erste und beste Weise, die Liebe Gottes zu zeigen. Was Sie sagen, müssen Sie nicht üben, sondern hören Sie und reden Sie von sich selbst und von dem, was Sie tröstet, was Ihnen halt gibt, und auch, was Sie vielleicht beunruhigt und erzürnt an Gott.
Ich grüße Sie sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute!
Ihr Frank Muchlinsky