Lieber Herr Muchlinsky, Erst mal danke, dass es hier so eine Fragemöglichkeit gibt, denn im Jungel der "evangelischen Möglichkeiten" sehe ich nicht durch! Ich mache seit Jahren in unserer kleinen Gemeinde den Kindergottesdienst. Immer mehr stelle ich fest, dass sich kaum Besucher gewinnen lassen. Fast Alle gläubigen Familien, die ich treffe, gehen in die freien Gemeinden oder zur LKG. Für mich und meine Kinder wünsche ich mir ja wie sie ein lebendiges Gemeindeleben, welches in meiner Gemeinde kaum realisiert wird: Gottesdienstbesucher jeden Alters, Gruppen für Kinder und Jugendliche, die auch von solchen besucht werden. Aber die Leute bleiben aus. Woran kann das liegen? Ich habe selbst Vorbehalte, was die freien Kirchen betrifft. Als Ethiklehrkraft habe ich aber oft Kontakt zu Jugendlichen, die Glauben wirklich leben, nur eben in freien Kirchen. Geht da nicht etwas gründlich schief? Die Sehnsucht nach Gott ist da, die Kirchengemeinden können sie aber oft nicht stillen. Oder sehe ich das falsch? Gibt es eine Art Leitfaden für die freien Gruppen? Es dankt Ihnen herzlich Frau Wohlgemuth
Liebe Frau Wohlgemuth,
Ihre Schmerz und Ihre Trauer über die wenigen, die kommen, kann ich als landeskirchliche Pfarrerin gut nachvollziehen. Wir haben in meiner Stuttgarter Gemeinde auch dieses Thema. Wir haben jetzt angedacht, einen Glaubenskurs anzubieten. Unter dieser Internetseite wurden wir fündig: http://www.kurse-zum-glauben.de/
Vielleicht wäre das auch etwas, für Ihre Gemeinde?
Es tut mir leid, wenn ich Ihnen keine Patenrezepte für Gemeindewachstum bieten kann.
Ich kann Ihnen aber meine Gedanken dazu erzählen:
Mein Konfesstionskundelehrer in Halle, Prof. Obst, hat immer gesagt: "Keine freikirchlichen Strukturen ohne freikirchliche Theologie." Das heißt, dass verbindliche christliche Gemeinden, die groß sind, oft (nicht immer) mit einer rigiden, biblizistischen Theologie einher gehen, bei der es stark um Himmel und Hölle und Verlorensein geht. Da ist die Frage, ob man das als Gemeinde will, ob man so mit Menschen sprechen will, ob man mit Angstmache arbeiten will ...
Ein anderer Zugang, den ich zum Thema habe: mich auf die Menschen zu konzentrieren, die da sind. Und ich denke ganz oft an den Satz von Harold Whitman: Frage dich nicht was die Welt braucht - Frage dich was du brauchst, um dich lebendig zu fühlen, und dann tu es. Denn die Welt braucht lebendige Menschen
Übertragen auf Gemeinde heißt das für mich: Frage dich nicht, was die Gemeinde braucht. Frage dich, was du selbst brauchst - und dann geh hin und tu das Entsprechende. Denn Kirche braucht nichts mehr als Menschen, die lebendig geworden sind.
Liebe Frau Wohlgemuth, bleiben wir vielleicht einfach am Thema dran? vielleicht haben hier andere gute Ideen oder Best Practice Beispiele aus Ihrer Gemeinde.....
Nehmen wir es ins Gebet: unsere Orte, unser Gemeinden, unsere Landeskirchen.
Gottes Segen für Sie, liebe Frau Wohlgemuth und Ihre Kinderkircharbeit.
Herzlich, Ihre Sabine Löw