Wie führt man ein ökumenisches Gespräch?

Susanne
Zwei Menschen sitzen auf einer Bank und reden im Gegenlicht.
Foto: Aarón Blanco Tejedor/Unsplash

Hallo Herr Muchlinsky,

ich frage mich immer öfter, warum das Thema Ökumene so viele unschöne Streitereien und Diskussionen mit sich bringt?

Bin ich zu tolerant, wenn ich der Meinung bin, dass eine gelingende Ökumene nur stattfinden kann, wenn die Kirchen (Evangelisch, Katholisch und Orthodox) zunächst einmal die Unterschiede, der jeweils anderen Kirche tolerieren und dann nach Wegen suchen, wo und wie man zusammenfinden kann?

Ich habe das Gefühl, dass in den "oberen Etagen" der Kirche die Ökumenefragen kontrovers, aber respektvoll miteinander diskutiert werden. Bei Diskussionen von Christen untereinander, der Eine den Anderen aber versucht umzukrempeln und die Diskussionen dann nicht besonders rücksichtsvoll ausfallen.

Mich würde Ihre Meinung zu diesem Thema interessieren.

Herzliche Grüße
Susanne

Liebe Susanne,

Es ist wirklich schade, wenn Sie in Ihren direkten Kontakten mit anderen Konfessionen das Gefühl bekommen müssen, dass man sich gegenseitig "umkrempeln" will. Persönlich habe ich hier bislang deutlich andere Erlebnisse gehabt. Ich arbeite viel mit katholischen und ab und an auch mit orthodoxen Menschen zusammen. Wir haben alle ein durchaus offenes Ohr füreinander. Ich weiß natürlich weniger über katholische oder orthodoxe Gepflogenheiten oder über deren spezielle Freuden oder Sorgen. Darum interessiere ich mich sehr dafür, wenn mir davon etwas erzählt wird, und ich gebe gern Auskunft über meine eigene Konfession. Ich bin gerne ein evangelischer Christ und fühle mich in der Tradition, in der ich aufgewachsen bin, sehr wohl. Ich kenne die wichtigsten Punkte, die unsere Konfessionen voneinander trennen, aber ich beteilige mich ungern an theologischen Diskussionen über diese Punkte, denn sie stehen einem ungezwungenen Miteinander im Wege.

Sie sprechen von Respekt füreinander. Das ist ein gutes Wort. Ich würde einen Schritt weitergehen wollen und von Neugier aufeinander sprechen. Wer in seinem Glauben einigermaßen gefestigt ist, braucht sich nicht zu ereifern und zu versuchen, einen anderen Christen auf die eigene Seite zu ziehen. Vielmehr ist es spannend zu versuchen, die "andere Seite" zu verstehen. Wer mich von seinem Glauben überzeugen will, soll mir erzählen, was ihn oder sie daran fröhlich macht. Das höre ich mir gern an, und vielleicht reizt es mich im Innersten sogar, das auch einmal auszuprobieren. Ein wirklich gelungener Dialog zwischen den Konfessionen (und meines Erachtens sogar zwischen den Religionen) schließt immer die Möglichkeit ein, dass ich mich "bekehren" lasse. Diese Haltung drückt nicht etwa meinen Zweifel, sondern gerade meine Festigkeit im Glauben aus, denn ich zeige so, dass ich keine Angst haben muss, mir Gutes und Wahres von anderen anzuhören.

Wie aber kommt man zu solch einer Haltung, wenn man – wie Sie beschreiben – bislang versucht hat, sich zu überzeugen? Ich empfehle ein absichtliches Lächeln. Das ist kein falsches Lächeln, sondern eines, das sagt: "Aha! Interessant. Erzähl mir mehr!" Solch ein Lächeln kann man sich eben vornehmen. Man kann es sich als Ausdruck der inneren Haltung angewöhnen. Solch ein Lächeln kann eine Gesprächsatmosphäre vollständig ändern. Menschen, die gern andere missionieren möchten, haben vor allem einen wichtigen inneren Impuls: Sie möchten, dass andere davon erfahren, was sie antreibt, was ihnen wichtig ist. Geben Sie Ihren GesprächspartnerInnen die Chance dazu.

Hilft das ein wenig weiter? Ich hoffe.

Herzliche Grüße

Frank Muchlinsky

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