Prostitution und Satanismus

Katja Hammers

Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Katja Hammers, ich bin 30 Jahre alt und wohne in Frankfurt am Main.

Ich schreibe ihnen, weil eine Sache von, meiner Meinung nach, größter Wichtigkeit an mich herangetragen wurde. Vor einigen Jahren lernte ich aus einem glücklichen Zufall heraus, eine junge Prostituierte aus Bulgarien kennen.
Die 19jährige, die ich zu ihrem Schutz von jetzt an nur A. nennen werde, war zum damaligen Zeitpunkt erst seit kurzem im Land und hatte diesen „Beruf“ im Frankfurter Rotlichtviertel gewählt, um ihre in ihrer Heimat lebende Familie finanziell zu unterstützen. Wir freundeten uns rasch an, aber trotz meines Drängens, diese Art des Erwerbs aufzugeben, beharrte sie darauf, so in kurzer Zeit genug Geld auftreiben zu können, um sich selbst und ihre Angehörigen versorgen zu können.

Ich hätte es wahrscheinlich auf sich beruhen lassen, wenn sie mir nicht eines Tages von einem „merkwürdigen Kunden“ erzählt hätte. A. gab an, ihn nach der Bedeutung seiner wohl okkulten Tätowierungen gefragt zu haben, worauf dieser angab, ein Satanist zu sein. Da A. christlich erzogen wurde, stieß sie dieser Sachverhalt ab, aber da der Mann ansonsten wohl höflich war und gut zahlte, wurde aus ihm einer ihrer Stammfreier.
Einige Monate gingen ins Land und immer häufiger erzählte mir A. von den Anwandlungen ihres Kunden. Beispielsweise hängte er, nachdem er die Tür ihres Zimmers hinter ihnen geschlossen hatte, ein umgedrehtes Kreuz an die Wand, welches er zuvor um den Hals getragen hatte. Oder er sprach während des Aktes irgendetwas auf Latein, was sie jedoch nicht wiederzugeben vermochte.

Sie werden verstehen, dass ich besorgt war, schließlich sind diese Menschen nicht gerade für ihr Mitgefühl bekannt.
Als A. jedoch eines Tages einen Flyer mitbrachte, der ihr Kunde ihr gegeben hatte, entschied ich mich, aktiv zu werden und selbst nachzuforschen. Über den Flyer selbst fand ich heraus, dass der Mann wohl Teil einer satanistischen Gruppe ist, welche wohl schon länger im Raum Frankfurt am Main aktiv ist. Ich fand den online Artikel einer Seite für Sektenfragen, welcher Wohl besser das ganze Ausmaß der Bedrohung wiedergibt, als ich es hier könnte.

Hier der Link zu dem Artikel.

Einerseits ist noch nichts Strafbares vorgefallen, andererseits habe ich auch nicht vor zu warten, bis meiner Freundin etwas passiert. Ich habe diese Mail auch schon an andere Institutionen geschickt, aber entweder man hält das hier für einen Scherz, oder interessiert sich nicht für dich sozial schlechter gestellten Menschen der Gesellschaft , zumindest erkläre ich mir so das anhaltende Schweigen.

Ich will nicht eine von den Personen werden, die schweigend zusehen und sich dann Vorwürfe machen müssen, nicht den Mund aufbekommen zu haben.
Ich weiß nicht was ich tun, soll. Was würden Sie mir raten?

Mit freundlichen Grüßen
Katja Hammers

Liebe Frau Hammers,

Ihre Sorge um Ihre Freundin kann ich gut verstehen. Wer als Prostituierte arbeitet, macht sich immer wieder zum Objekt von Männern und deren Begierden, die mitunter abstoßend oder gefährlich sind. Anscheinend ist Ihrer Freundin in diesem Fall ein Kunde begegnet, der sie benutzt, um seinen Sex pseudoreligiös aufzuladen. Satanismus ist kein einheitliches oder klar zu bestimmendes Phänomen. Darum kann ich Ihnen nicht sagen, ob Ihre Freundin befürchten muss, dass ihr noch Schlimmeres von diesem Mann droht. Die "Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen" (EZW) beschreibt das Phänomen Satanismus unter anderem so:

"Beim Satanismus handelt es sich um einen unscharfen und in den Medien häufig klischeebeladenen Sammelbegriff für unterschiedliche okkult-ideologische Richtungen, Zirkel und magisch-rituelle Praktiken. Oft sind es die Spuren, die in der Öffentlichkeit für Aufsehen sorgen und mit Satanismus in Verbindung gebracht werden: Tieropfer, Grabschändung, Schmierereien an Kirchen, Vandalismus und das provokante Tragen satanistisch interpretierter Okkultsymbole wie Pentagramme, umgedrehte Kreuze u.v.a.m. Innerhalb des Satanismus als Okkult-Bewegung gibt es verschiedene Richtungen und Akzentuierungen. Bestimmend ist häufig ein magisches Ritualkonzept. Im Zentrum steht weniger die Verehrung einer transzendent gedachten Gottheit bzw. Gegenmacht Gottes (Teufel, Luzifer, Satan) als vielmehr der Versuch, den Menschen zum Gott zu erheben. Magie in Form besonderer Kraftzuschreibungen und entsprechende Rituale sollen im Menschen das Göttliche erwecken bzw. ihm dies bewusst machen."

Die Einschätzung der EZW ist entsprechend:

"In weltanschaulicher Hinsicht handelt es sich beim Satanismus um eine spezielle Form moderner Okkult-Bewegungen. Im Zentrum steht eine Power-Religiosität, der scheinbar keine Grenzen gesetzt sind. Die Lust am Bösen entspringt einem Gefühl der totalen Entgrenzung und der Entwertung aller Werte. Es ist schwierig, die unterschiedlichen Formen des Satanismus zu generalisieren. Sie können bloße Modeerscheinung, religiöse Überzeugung, aber auch Motiv krimineller und menschenverachtender Akte sein."

Den gesamten Text können Sie hier nachlesen.

Sie bitten mich um einen Rat, und ich muss gestehen, dass ich mir keinen anderen weiß als den, dass Sie weiterhin mit Ihrer Freundin Kontakt halten und mit ihr darüber reden, wo ihre Grenzen sind. Als Prostituierte ist sie in jedem Fall eine Projektionsfläche für die Phantasien ihrer Kunden. Doch sollte sie wissen, an welcher Stelle sie sich verweigern will. Sie Beschreiben A. so, dass ich ihr zutraue, das zu lernen. Ich kann auch nicht einschätzen, wie groß Ihr Einfluss auf A. ist, aber Sie sollten in jedem Fall versuchen, ihr deutlich zu machen, dass ihr Beruf in jedem Fall eine Bedrohung darstellt, der sie sich bewusst sein muss. Der "Satanist" unter ihren Kunden ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Freundin alles Gute und grüße herzlich

Frank Muchlinsky

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