Liebe Frau Löw, ich, Protestant, nahm heute seit langem wieder einmal an einem Gottesdienst teil. Bei uns (Militär) wird oft ein ökumenischer Gottesdienst gehalten. Ein katholischer Priester feierte das Abendmahl und ermutigte alle Christen teilzunehmen. Nach einer anfänglichen Meldung habe ich mich doch entschieden, nicht zu empfangen. Für den zweiten katholischen Geistlichen war es wie eine Erlösung. Er kennt mich und weiß somit, dass ich kein Katholik bin. Dieser Gottesdienst war gespalten. Er zeigte allen die Unterschiede zwischen unseren Konfessionen auf. Ich frage mich: Ist das noch zeitgemäß? Warum schauen wir mehr auf die 30 Jahre Krieg aus dem Mittelalter als auf das Wunder des Abendmahles? Die Welt gerät in Teilen aus den Fugen und wir zwingen uns selbst zu unterscheiden. Ich glaube, dass das nicht das Ziel von Jesus war und ist. Gibt es aus Ihrer Sicht keine einfache Möglichkeit Trennungen rasch zu überwinden?
Lieber Dirk,
da sprechen Sie ein großes Thema der Ökumene an. In der evangelischen Kirche sind römisch-katholische Christ/innen wie alle Getauften herzlich zum Abendmahl eingeladen, weil Christus selbst uns dazu einlädt. Das ist unser Verständnis. So wie Sie,wage ich zu sagen, empfinden nahezu alle evangelische Christ/innen und wir fragen uns und damit die römisch-katholische Kirche: Ist das noch zeitgemäß? Warum schauen wir mehr auf die 30 Jahre Krieg aus dem Mittelalter als auf das Wunder des Abendmahles? Die Welt gerät in Teilen aus den Fugen und wir zwingen uns selbst zu unterscheiden. Ich glaube, dass das nicht das Ziel von Jesus war und ist.
Der röm-katholische Kollege, der Priester der Sie eingeladen hat zum Abendmahl, hat ein weites Herz und teilt persönlich offenbar dieses Verständnis von uns. Seine römisch-katholische Kirchenleitung sieht dies aber anders. Wir als evangelische Kirche sind in ihren Augen keine "richtige" Kirche.
Die geltende lehramtliche Position der römisch- katholischen Kirche ist , dass Pfarrerinnen (die sowieso- gibt es ja in der röm. Kirche gar nicht - Frauen im Amt) und Pfarrer der evangelischen Kirchen u.a. wegen der Unterbrechung der durch bischöfliche Handauflegung weitervermittelten Kette der sogenannten »Apostolischen Sukzession « nicht gültig geweiht sind und daher auch die Sakramente nicht gültig spenden können. Allerdings bemühen sich verschiedene Bischofskonferenzen gegenwärtig, vor allem im Blick auf die konfessionsverbindenden Ehen den Spielraum, den ihnen das Direktorium eröffnet, näher zu bestimmen und so weit als möglich auszuschöpfen.
Sie als Protestant, Wir als Evangelische, dürfen nach römischem Verständis nur im Ausnahmefall bei einer kath. Eucharistie teilhaben (Nr. 131; vgl. CIC 844 § 4): "Der evangelische Christ ist erstens gehindert, »einen Spender der eigenen Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft aufzusuchen«, er erbittet zweitens von sich aus diese Sakramente, er bekundet drittens den katholischen Glauben bezüglich dieser Sakramente und ist viertens in rechter Weise vorbereitet."
Die lehramtliche und kirchenrechtliche Lage von Seiten der römisch-katholischen Kirche ist von deren Seite aus klar: Das oben erwähnte »Direktorium« hat nochmals betont, daß »die katholische Kirche im allgemeinen den Zutritt zur eucharistischen Gemeinschaft (...) einzig jenen Gläubigen, die mit ihr in der Einheit des Glaubens, des Gottesdienstes und des kirchlichen Lebens stehen«, gewährt (Nr. 129).
Wie gesagt, wir in der evangelischen Kirche laden im Namen Jesus Christi auch Katholik/innen zum Abendmahl ein.
Festgehalten ist diese »eucharistische Gastfreundschaft« oder »Gastbereitschaft « der evangelischen Kirchen u.a. in einer »Pastoraltheologischen Handreichung« der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche aus dem Jahre 1975, der sich die Arnoldshainer Konferenz im Jahr 1976 angeschlossen hat.
Hier eine Handreichung zum Abendmahl in unserer evangelischen Kirche:
https://www.ekd.de/download/abendmahl.pdf
Dieser Link hier ist vielleicht auch noch interessant für Sie zu lesen: "Die evangelisch/römisch-katholische Ökumene in Deutschland" : https://www.ekd.de/international/berichte/2000/oekumene_reader2000_22.html
Wie diese Trennung überwinden? - , fragen Sie, lieber Dirk, - ich denke, indem wir evangelische Christ/innen diese offene Wunde immer wieder thematisieren und unseren Schmerz gegenüber der römischen-katholischen Kirche artikulieren.
Sie haben hier einen Beitrag dazu geleistet.
Gottes Segen für Sie, bleiben Sie mutig!
Herzlich, Ihre Sabine Löw