Hat Gott mir den falschen Partner geschickt?

Maria
Eine Frau und ein Mann laufen in verschiedene Richtungen.
© Getty Images/iStockphoto/baona

Lieber Herr Muchlinsky,

ich gehöre schon zur älteren Generation und hatte mich noch mal so richtig verliebt. Ich hatte vor einiger Zeit mal gebetet, dass mir Gott einen Partner schicken möge und die diesbezüglichen Wünsche dazu geäußert und auch dazu gesagt: „Gott, wenn es dein Wille ist.“ ich hab dann auch nicht weiter drüber nachgedacht und drei Wochen später schickt er mir einen gläubigen Mann, welcher auch in der Seelsorge tätig ist. Das konnte doch kein Zufall sein?

Es gab eine lange Kennenlernzeit mit viel emotionalem Auf und Ab. Ich hatte Verlustangst und er wahrscheinlich Bindungsangst und so triggerten wir uns gegenseitig. Ich wollte einfach nur Sicherheit hab ihn sehr Idealisiert. Da wir gleiche Interessen, gleichen Glauben und auch sonst alles perfekt war, hat mich das durcheinander gebracht.

Ich habe das schmerzlich beendet, es tat mir nicht gut. Null Kontakt, wie es immer geraten wird, geht nicht. Er ist mit mir im gleichen Tanzverein. Innerlich würde ich uns eine zweite Chance geben, aber möchte nicht in einer On-Off-Beziehung landen.

Vielleicht will ich die Antwort von Gott nicht wahrhaben, dass wir nicht kompatibel waren. Woher weiß ich denn, was Gott für einen Plan hat? Oder ob das nur meine Wünsche sind? Kann mir wahrscheinlich niemanden beantworten, aber hab es trotzdem mal geschrieben.

Danke für eine Antwort.

Liebe Maria,

es tut mir leid, dass Sie mit Ihrer neu gefundenen Liebe gerade nicht glücklich werden können. Und ich freue mich, dass Sie sich an mich gewandt haben mit Ihren Fragen, auch wenn Sie gleich dazu schreiben, dass Ihnen die „wahrscheinlich niemand beantworten kann“. Ich will gern versuchen, Ihnen zu schildern, wie ich die Sache sehe.

Sie haben im Gebet Gott um einen neuen Partner gebeten, und anscheinend haben Sie Gott auch deutlich gemacht, was für genauere Vorstellungen Sie haben. Dann haben Sie tatsächlich jemanden gefunden. Sie schreiben es selbst: „Das konnte doch kein Zufall sein?“ Ich würde sagen, dass Sie nach Ihrem Gebet zunächst einmal mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Welt gegangen sind, bereit, sich neu zu verlieben. Mit dieser Haltung haben Sie dann tatsächlich jemanden gefunden, der Ihren Vorstellungen zunächst entsprach: männlich, gläubig, in der Seelsorge tätig, im Tanzverein. 

Dann geschah anscheinend das Folgende: Weil Sie so froh waren, tatsächlich jemanden gefunden zu haben, war Ihnen eine möglichst enge Bindung sehr wichtig. Und weil Sie Ihren „Fund“ auch noch als göttliches Geschenk verstanden haben, haben Sie Ihren neuen Partner, wie Sie selbst schreiben, „sehr idealisiert“. Das ging so lange gut, bis Ihre Verlustängste und seine Bindungsängste nicht mehr miteinander vereinbar waren.

Ihre Frage lautet wörtlich: „Woher weiß ich denn, was Gott für einen Plan hat?“. Meine Antwort darauf: Sie können es nicht wissen. Das Problem ist aber, dass Sie meinten, es zu wissen. Sie haben Gott sozusagen „unterstellt“, dass er Ihnen den neuen Partner geschickt hat. Und anscheinend verstehen Sie auch die Erkenntnis, dass Sie „nicht kompatibel“ sind, als eine Aussage Gottes. Ich würde Ihnen raten, dass Sie Gott aus Ihrer Beziehung wieder herausnehmen. Ihre Wünsche nach Nähe und einer Partnerschaft sind verständlich und gut! Ich bin sicher, dass auch Gott sich mit freut, wenn Sie beides erleben können. Aber ich wäre grundsätzlich vorsichtig, Gott um ein direktes Eingreifen in menschliche Beziehungen zu bitten. Das kann leicht dazu führen, dass ich Gottes Handeln erkenne, wo es überhaupt nicht vorkommt. 

Wie würden Sie denn jetzt an Ihre derzeitige Ex-Beziehung herangehen, wenn Sie Gott aus der Gleichung herausnähmen? Wenn es nur darum ginge, dass Sie berechtigte Wünsche und Bedürfnisse haben? Ich kann mir vorstellen, dass Sie dann viel freier in Ihren Entscheidungen wären, es entweder noch einmal zu versuchen oder sich nach jemand anderem umzusehen. 

Bitten Sie Gott lieber weiterhin um offene Augen und ein offenes Herz. Bitten Sie darum, vertrauen zu können und sich geborgen fühlen zu können. 

Ich hoffe, Sie können mit meinen Gedanken etwas anfangen.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky 

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