Wie war die Stellung der Frau zur Zeit Jesu?

Ann
Frau blickt auf Landschaft in Ferne
© Oleh Slobodeniuk/istockphoto/Getty Images

Hallo,
mich interessiert sehr, welche Stellung die Frau zu Zeiten Jesu hatte. Was waren ihre Aufgaben und was durften sie tun?

Hallo Ann,

das ist eine schwierige Frage, die Sie stellen, denn in dieser ganz allgemeinen Form kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten. Wir können nur anhand von einzelnen Frauenfiguren, von denen wir zum Beispiel im Neuen Testament (NT) lesen, auf Aufgaben von Frauen zu Jesu Zeit schließen. Dazu ziehen wir auch Texte aus der Umwelt, die also nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden, heran.

Ich werde aber trotzdem versuchen Ihre Frage so gut es mir möglich ist, exemplarisch, zu beantworten. Wir erfahren von Frauen im NT entweder durch ihre Verwandtschaftsbeziehung (Mütter, Stiefmütter, Schwiegermütter, Töchter, Ehefrauen, Witwen, Schwestern) oder wenn das Verhältnis zu einem Mann beschrieben wird (Jungfrau, Braut, Ehefrau, Ehebrecherin, Sünderin, Witwe). In christlichen Gemeinde werden die Frau auch ihrer Funktion, die sie dort erfüllen, nach benannt, so z.B. Diakonin, Apostelin, Prophetin, Schwester oder Witwe. Konkret von Berufen, die Frauen im NT ausüben, wissen wir von Prisca/Priscilla (vgl. Röm 16,3). Sie war Zeltmacherin und von Lydia, sie war Purpurhändlerin (vgl. Apg 16,14).  

Über die Lebenswelt der Frauen erfahren wir sehr Unterschiedliches. In den Evangelien ist meist die Rede von einem Haus mit Heirat, Kindern, Hausarbeit, Armut und Krankheit. Da scheint die Frau also Teil des Hauses zu sein. Aber wir finden auch ab und an Berichte von Kleinunternehmerinnen in städtischen christlichen Gemeinden. Alleinstehende Frauen finden sich, obwohl wohl eher unüblich, bereits zu Jesu Zeiten und mit der Gründung der christlichen Gemeinden immer mehr. Besonders häufig erfahren wir von Witwen in den christlichen Gemeinden. Auffällig ist auch, dass Jesus in den Evangelien, als unverheirateter Mann, ausgesprochen oft mit (fremden) Frauen, die am Rande der Gesellschaft stehen, zu tun hat, sie trifft und mit ihnen spricht. Er verteidigt sie, obwohl sie möglicherweise einen zweifelhaften Ruf haben.

Von Jesus wissen wir aber nicht, dass und ggf. was er über Frauen im Allgemeinen und über einzelne Frauen dachte oder sagte. Das ist uns nicht überliefert. Wohl aber wissen wir, dass er sich für Frauen eingesetzt hat. Dadurch haben viele Frauen in christlichen Gemeinden neue Möglichkeit des Dienstes erfahren – ehren- und hauptamtlich. Namentlich wissen wir von folgenden Frauen, die in Gemeinden in verschiedenen Funktionen aktiv waren:

  • Phöbe (Diakonin der Gemeinde in Chäsarea – Röm 16,1)
  • Prisca (Mitarbeiterin des Paulus – Röm 16,3)
  • Junia (Apostelin – Röm 16,7)
  • Schwester Apphia (Phlm 2)
  • u.a.

Lesen Sie doch diese Bibelverse einfach einmal nach. Ich finde das kann sehr spannend sein und Ihnen einen noch besseren Einblick in die Thematik geben.

In der späteren Briefliteratur ändert sich diese Situation, denn dort wird die Rolle der Frau eher als christliche Ehe- oder Hausfrau verstanden. Witwen sind weiterhin in den Gemeinden geachtet und aktiv (vgl. 1Tim 5,9ff.). Lehren dürfen die Frauen zu dieser Zeit, die bereits zwischen 70 und 100 Jahren nach dem Tod Jesu waren, nicht (vgl. 1Tim 2,11f.; 1Kor 14,34-35).

Paulus schreibt in 1Kor 7 ein ganzes Kapitel über die Ehe und damit über sein Ideal zwischen Mann und Frau. Dabei schreibt er, dass es eigentlich für beide besser wäre allein zu leben, damit sie sich auf den Herrn konzentrieren können, willigt aber ein, dass heiraten auch okay ist. Damit haben die Frauen in den christlichen Gemeinden einen selbständigen Status.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage beantworten.

Pia Heu    

Fragen zum Thema

Liebe Frau Gottfried, wie wäre es zum Beispiel mit dem 7. und dem 9. Gebot? Hier mit…
Lieber Tobias,   Sie haben durchaus Recht: Die christliche Tradition sagt in…
Hallo Stella, Danke für Ihre Frage! Ja, ich finde es okay, am Sonntag Arbeiten zu…