Luthers Katechismus und das Bilderverbot

Johannes Gauß
Leere Bilderrahmen
Foto: tomap49/iStockphoto/Getty Images

Warum lässt Luther das Bilderverbot in seinem Kathechismus aus ?

Lieber Herr Gauß,

das ist eine ein wenig knifflige Frage!

Zum einen folgt Luthers Katechismus nicht dem Bibeltext, sondern übernimmt für die Auslegung eine andere Zählung der Gebote, die damals kirchlich üblich war. Die Reformatoren, auf die sich heute die Reformierte Kirche beruft, handhabten das anders - so ist es dann auch im Heidelberger Katechismus nachzulesen.

Bevor wir nun zu den Gründen kommen können, müssen wir ein wenig weiter ausholen:

Im 2. Buch Mose Kapitel 20, Verse 4 bis 6 lesen wir: Gott spricht: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.“

Dieses Gebot wird vor dem Hintergrund verständlich, vor dem es entstand: Götter wurden durch plastische Bilder verkörpert. Sie waren aus Stein gehauen, aus Holz geschnitzt oder in Metall gegossen. Jedes Volk hatte seine eigenen Götterbilder, die es zu Hause oder in den Tempeln verehrte. Man nahm sie auch als kleine Glücksbringer mit auf die Reise. Einen Gott, von dem man kein Bild hatte, war für Israels Nachbarn ungewöhnlich, ein bildloser Glaube absolut befremdlich. Denn vor Götterbildern zelebrierten die Menschen ihre heiligen Handlungen. Mit dem grundsätzlichen Verbot, ein Gottesbild herzustellen und zu verehren, schließt das Alte Testament gerade das aus, was für andere Religionen das Verehrungswürdigste überhaupt ist. Denn die Götterbilder bedeuteten stets die Anwesenheit des dargestellten Gottes. Doch das Bilderverbot war selbst in der damaligen Zeit ein wenig zu streng, denn Menschen,damals wie auch heutzutage, haben gerne etwas Sichtbares und Greifbares. Dennoch sagt das strenge Bilderverbot:  Israel, dein Gott ist nicht ein Gott wie die Götter der anderen. Er ist nicht in einem Kultbild gegenwärtig. Er ist darum auch nicht für Menschen in irgendeiner Weise verfügbar.

In der Reformationszeit war die Frage nach der Zulässigkeit von Bildern ein heiß umstrittenes Thema. So heiß, dass es in manchen Kirchen mit großer Gewalt zum "Bilderstürmen" kam. Darstellungen jeglicher Art wurden zerstört und vernichtet. Luthers Entscheidung, das Bilderverbot "wegzulassen", war also wahrscheinlich auch politisch motiviert, denn er wollte dem zerstörerischen Protest nicht noch Nahrung geben. Außerdem war er gar kein so radikaler Bilderkritiker. Mit dem Wittenberger Maler Cranach war er eng verbunden. Dennoch hat er die theologische Aussage des 2. Gebots natürlich nicht in Zweifel gezogen - obwohl die Konsequenz für ihn anders war.

In den Kirchen reformierter Gemeinden finden Sie bis heute kein Bild. So ziehen sich die Spuren der Geschichte sichtbar durch die Zeiten.

Herzliche Grüße

Veronika Ullmann

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