Sehr geehrter Herr Muchlinsky,
ich habe nach einiger Internetrecherche und wenig belastbaren Ergebnissen zwei Fragen an Sie. Vorab: Ich bin getauft und konfirmiert und vor einigen Monaten aus der Kirche ausgetreten. Für meine Frau gilt das gleiche.
Meine erste Frage:
Der Kirchenaustritt wird in Deutschland offenbar gleichgesetzt mit dem Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft. Dabei ist der Grund für meinen Austritt nicht, dass ich die christlichen Werte nicht mehr leben möchte oder nicht (mehr) an Gott glaube. Ganz im Gegenteil, ich möchte das bei der Kirchensteuer gesparte Geld gezielt kirchlichen Institutionen und anderen guten Zwecken zukommen lassen. Anders als bei der Kirchensteuer kann ich hier aber steuern, wohin das Geld fließt und wofür es eingesetzt wird. Das ist mir wichtig! Meine Frau und ich möchten gerne unser Kind taufen lassen, so wie auch wir getauft wurden. Wie ist das unter unseren Umständen möglich?
2. Wenn ich nun eine Patenschaft für ein befreundetes Kind übernehmen möchte, ist das noch möglich oder ist hierfür ein (temporärer) Wiedereintritt in die Kirche erforderlich? Es wird mehrere Taufpaten geben, von denen bis auf meine Wenigkeit noch alle in der Kirche sind.
Ich danke Ihnen für Ihre Antwort!
Lieber C.,
Sie haben Recht: In Deutschland bedeutet der Austritt aus der Kirche sowohl, dass man keine Kirchensteuer mehr zahlt, als auch dass man durch den Austritt nicht mehr zu dieser Gemeinschaft dazugehört. Eigentlich ist das kirchliche Verständnis davon besser zu verstehen, wenn man es umdreht: Wer aus der Kirche austritt, gehört eben nicht mehr dazu. Wer aber nicht mehr dazugehört, braucht auch keine Kirchensteuer mehr zu zahlen.
Die verfassten Kirchen in Deutschland verstehen sich unter anderem als eine Solidargemeinschaft. Die Kirchensteuer hilft dabei, die finanziellen Beiträge der Mitglieder möglichst gerecht zu gestalten. Darum ist die Kirchensteuer an die Einkommensteuer geknüpft. Wer mehr verdient, zahlt auch mehr. Wer kein Einkommen hat, braucht nichts zu zahlen. Von der Kirchensteuer wird bezahlt, dass die Kirche ihre Arbeit tun kann. Die Aufteilung können Sie sich übrigens in einer sehr informativen Grafik der EKD anschauen.
Das Mitentscheiden, wohin die Gelder gehen, ist für die einzelnen Kirchenmitglieder tatsächlich nicht so ganz einfach. Man müsste sich in entsprechende Gremien (Kirchenvorstände, Synoden) wählen lassen. Dort werden die Haushalte beschlossen, die für eine so große Organisation wie die Kirche nötig sind. Freikirchen sind anders organisiert. Hier werden Mitgliedsbeiträge nicht über die Kirchensteuer eingezogen, sondern werden direkt an die Kirchengemeinden überwiesen.
Aber wie auch immer: Die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verpflichtet nicht nur in Deutschland zu regelmäßigen Zahlungen. Im Christentum gehört diese freiwillige Verpflichtung zur Solidarität von Anfang an zum Glauben dazu.
Nun zu Ihrer ersten Frage: Kann man sein Kind taufen lassen, wenn beide Eltern nicht in der Kirche sind? Da möchte ich gern unseren "Taufbegleiter" zitieren: "Die Entscheidung, ob eine Taufe trotz fehlender Kirchenmitgliedschaft beider Elternteile möglich ist, wird vor Ort in der zuständigen Kirchengemeinde getroffen. Sprechen Sie also ruhig Ihren Pfarrer oder Ihre Pfarrerin in Ihrer Ortsgemeinde an. Die Regelungen sind darüber hinaus von Landeskirche zu Landeskirche unterschiedlich." Es ist also kein Wunder, dass Sie im Internat dazu keine eindeutige Antwort gefunden haben.
Bei Frage zwei ist es ähnlich. Auch hier ein Zitat aus unserem Taufbegleiter: "In der evangelischen Kirche gelten einige Regeln für ganz Deutschland. Andere wiederum sind in bestimmten Landeskirchen ein wenig unterschiedlich. Es gilt verbindlich in den meisten Gemeinden: Patin oder Pate darf sein, wer der evangelischen Kirche angehört." (Hier der Link zum ganzen Artikel)
Kurzum: Sprechen Sie bitte die Pfarrerin oder den Pfarrer vor Ort an. Die wissen genau, welche Regeln in ihrer Gemeinde genau gelten, und auch ob Ausnahmen gemacht werden können. Natürlich können Sie auch wieder eintreten. Ich würde Ihnen dann allerdings vorschlagen, das nicht aus taktischen Überlegungen zu tun.
Herzliche Grüße
Frank Muchlinsky