Abendmahl mit Weintrauben?

Dr. Gerhard H. Geiger
Ein  Agapemahl ist ein Abendmahl ohne Wein
© Getty Images/iStockphoto/IriGri8
Agapemahl

ich gehöre der baden-württembergischen evangelisch-lutherischen landeskirche an. anlässlich des erntedankfestes wurde bei uns das abendmahl an tischen gefeiert. anstelle des weines wurde ein teller mit weintrauben durchgereicht. ist das theologisch und kirchenrechtlich überhaupt vertretbar? ich hätte die teilnahme an diese "zeremonie" am liebsten abgebrochen, mich dann aber darauf beschränkt, keine traube zu nehmen.

Lieber Herr Dr. Geiger,

Ich kann verstehen, dass Sie irritiert sind, wenn Ihnen beim Abendmahl anstelle von Wein Weintrauben angeboten werden. Nun war ich nicht bei Ihrem Gottesdienst anwesend, darum weiß ich nicht, wie genau dieses Mahl ablief, aber ich könnte mir vorstellen, dass es tatsächlich nicht als Abendmahl gedacht war, sondern eher als ein Agapemahl. Diese Form des gemeinsamen Mahles unterscheidet sich vom Abendmahl vor allem dadurch, dass es ohne die Einsetzungsworte stattfindet, die beim Abendmahl über das Brot und den Kelch gesprochen werden ("Die ist mein Leib…", "Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut…"). Der Grund, warum man in kirchlichen Zusammenhängen Agapemahl feiert, ist meist der, dass die "Hürden" wegfallen: Jeder darf ein Agapemahl anleiten, jeder darf daran teilnehmen. Darum kommt es vor allem im Zusammenhang mit Kindern häufig zum Einsatz. Bei einem Agapemahl kommt es auch nicht auf die "Elemente" an, die verwendet werden, also ein Brot und ein Kelch. Hier steht das gemeinschaftliche Essen und Trinken im Vordergrund.

Wenn es allerdings so war, dass die Pfarrerin oder der Pfarrer die Einsetzungsworte auch über die Trauben gesprochen haben, so hätte ich da ebenfalls Bedenken. Schließlich geht es um den Kelch mit Wein (oder auch mit Traubensaft), der geteilt wird. Trauben in mehreren Schalen symbolisieren nicht die Gemeinschaft untereinander und mit Jesus Christus, die das Abendmahl stiftet.

Wie es auch genau war: Wenn Sie sich nicht wohl gefühlt haben, haben Sie gut daran getan, auf das Essen der Trauben zu verzichten. Schließlich soll das Abendmahl ein "Mahl der Freude" sein. Und Sie können in jedem Fall auch Ihre Pfarrerin, beziehungsweise Ihren Pfarrer, direkt auf Ihre Irritation ansprechen. Die Kolleginnen und Kollegen freuen sich über Rückmeldungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie Mitglied der Evangelischen Landeskirche von Württemberg sind, oder der Evangelischen Landeskirche in Baden.

Herzliche Grüße!

Frank Muchlinsky

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