Guten Abend,
Im Internet habe ich Videos gesehen, die dazu auffordern, an der Kirchenwahl teilzunehmen. Beides sind Szenen aus berühmten Filmen - Star Wars und die Piraten aus Fluch der Karibik - die mit Dialogen im Dialekt kurz erklären, was Kirchenwahl ist und warum sie wichtig ist.
Witzig sind sie schon, und ich musste tatsächlich herzlich lachen. Allerdings bleibt ei n ungutes Gefühl. Sind die Rechte an solchen Filmen nicht sehr, sehr teuer? Ist ein Aufruf zur Kirchenwahl so viel wert? Ist es überhaupt gerechtfertigt, so enorme Summen für Werbung auszugeben? Irgendwie geht mir das nicht aus dem Kopf und ich fühle mich schlecht, wenn ich über diese Videos lache, sie anklicke und ob ich diese Frage überhaupt öffentlich stellen soll, weil ich dadurch auch Multiplikator der Videos werde. Aber mir ist es wichtig, dass Leute darüber nachdenken, dass diese Filme große Summen verschlingen, während andernorts das Kirchendach undicht ist.
Herzliche Grüße,
Anne
Liebe Anne,
das ist eine Frage, die sicher vielen Menschen, manchmal vielleicht in einer anderen Form und in einem anderen Kontext, durch den Kopf geht. Und sie stellt ein typisches Dilemma dar. Ich kann gleich zu Beginn festhalten, dass ich keine Antwort darauf habe.
Aber ja, die Rechte an solchen Filmen sind sicher sehr, sehr teuer, gleichermaßen scheint es der Kirche aber offensichtlich genau so viel wert zu sein, die Mitglieder der Kirchengemeinden dazu zu motivieren, ihr Wahlrecht innerhalb der Kirchenpolitik wahrzunehmen. Tagtäglich muss auch die Kirche Entscheidungen treffen: entweder das eine oder das andere. Bei manchen Entscheidungen kann man sich nur für "das (moralisch scheinbar) Falsche" entscheiden.
Zugegeben ist es recht einfach von außen zu sagen, "die Kirche" soll das Geld lieber für ein kaputtes Kirchendach ausgeben als für einen Werbespot. Das sehen wir beide so und sicher auch einige andere Gläubige. Damit sind wir aber meilenweit von den je nach Landeskirche, aber so gut wie überall extrem komplexen Strukturen der Landeskirchenämter und insbesondere deren Finanzabteilungen, entfernt. Es bringt wahrscheinlich nichts, in der württembergischen Landeskirche Geld für die Renovierung eines Kirchendachs in Schwerin zu beantragen, da es sich um zwei verschiedene Landeskirchen handelt. Die württembergische Landeskirche wird schlicht sagen, dass sie dafür nicht zuständig ist. Darüber hinaus gibt es sog. "Töpfe", in denen Geld für unterschiedliche, aber fest definierte Zwecke verwendet werden muss. Wenn also Geld für die Bewerbung der Kirchenwahl im Haushaltsplan vorgesehen ist, soll das Geld auch dafür verwendet werden und kann nur schwerlich kurzfristig für die Orgel eingesetzt werden. Oftmals gibt es auch zweckgebundene Spenden in Gemeinden - da sind allen die sowieso die Hände gebunden (was manchmal gar nicht so schlecht ist).
Ich bin zugegeben etwas ratlos, was ich weiter auf Ihre Frage antworten soll. Denn da müsste man sicher eher bei "den Großen" in den Landeskirchen nachhaken, denen, die die Strukturen verändern können. Wir, als kleine Räder im System, können wahrscheinlich nicht viel ändern. Spannend wäre allerdings und das merken Sie indirekt ja auch an, wie erfolgreich solche teuren Werbespots tatsächlich sind. Sofern man es könnte, wäre es sicher spannend eine empirische Studie über die Korrelation des Video-Ansehens und einer Beteiligung an der Wahl anzustellen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Ergebnis überraschend wäre - egal in welche Richtung.
Seien Sie getrost trotzdem weiterhin eine (mediale) Multiplikatorin der Kirche und lassen Sie sich von solchen Videos nicht die Laune verderben. Ihnen alles Gute,
Pia Heu