Ich habe gehört, dass früher die Ehefrau eines evangelischen Pfarrers nicht berufstätig sein durfte. Stimmt das und bis wann galt diese Bestimmung? Mit welcher Begründung? Gab es eine ähnliche Bestimmung auch für staatliche Beamte oder andere Berufsgruppen?
Liebe Frau Bald,
herzlichen Dank für Ihre Frage!
Mit der Berufstätigkeit von Frauen gingen jahrzehntelange Ungerechtigkeiten einher. Erst 1976 wurde folgender Paragraph gesetzlich verankert: "Beide Ehegatten sind berechtigt, erwerbstätig zu sein." Zuvor musste sich die Berufstätigkeit einer Frau ihrer Rolle in der Ehe und Familie unterordnen. Da der Mann gesetzlich das Recht besaß, bei Meinungsverschiedenheiten zu entscheiden, konnte er also seiner Frau das Arbeiten untersagen.
Ähnlich verhielt es sich mit dem sogenannten Beamtinnen- oder Lehrerinnenzölibat: Von 1880 an durften Frauen nur dann Lehrerinnen sein, wenn sie unverheiratet waren. Mit der Heirat wurde ihnen gekündigt. In der Weimarer Republik wurde dieses Gesetz zwar kurzzeitig aufgehoben, dann jedoch vier Jahre später wieder eingeführt und erst in den 50er Jahren gänzlich aufgehoben. Dieses Doppelverdienergesetz galt ähnlich für andere Anstellungsverhältnisse.
Dementsprechend wirkten auch die Kirchenleitungen daraufhin, dass Pfarrfrauen nach der Heirat und der Ordination ihres Mannes ihre Berufstätigkeit aufgaben. Je nach Landeskirche konnte dies auch gesetzlich geregelt sein, entsprechend des geltenden Gesetzes für staatliche Beamt:innen. So war zum Beispiel im bayrischen Gesetz für Pfarrer festgehalten, dass ihre Frauen nicht berufstätig sein dürfen. Erst in den 70er und 80er Jahren, zeitgleich mit der zunehmenden Ordination von Frauen in das Pfarramt, wurde den Pfarrfrauen die Berufstätigkeit zugestanden.
Es war also ein langer Weg für Frauen in die berufliche Gleichberechtigung.
Beste Grüße,
Johanna Klee